Städte drohen zu veröden

Experten geben Bauminister Klimmt Tipps gegen den Wohnungsleerstand im Osten

BERLIN taz ■ Gegen den Wohnungsleerstand in Ostdeutschland hat die von Bauminister Reinhard Klimmt (SPD) eingesetzte Expertenkommission ein simples Rezept: Ostdeutsche sollen wieder vermehrt in Altbauten und Plattensiedlungen einziehen.

Als Anreiz empfehlen die Gutachter in ihrem gestern in Berlin vorgelegten Bericht, den Erwerb einer gebrauchten Immobilie acht Jahre lang mit einer Eigenheimzulage von 5.000 Mark statt wie bisher 2.500 Mark zu fördern. Dagegen soll die Zulage von 5.000 Mark für den Neubau im Grünen künftig halbiert werden. Außerdem schlagen die Gutachter vor, in den nächsten zehn Jahren zwischen 300.000 und 400.000 leer stehende Wohnungen abzureißen. Dies würde nicht nur Plattenbauten betreffen, sondern in erheblichem Maß auch Altbauten. Die Abrisse sollten mit 3 Milliarden Mark öffentlich gefördert werden.

Klimmt hatte die 17-köpfige Kommission aus Wirtschaftswissenschaftlern, Stadtplanern sowie Vertretern von Kommunen, Wohnungsbaugesellschaften und dem Mieterbund im Februar einberufen. In Ostdeutschland stehen 1 Million Wohnungen (13 Prozent des Bestandes) leer – Tendenz steigend. Denn viele Menschen sind aus den strukturschwachen Gebieten abgewandert. Diejenigen, die geblieben sind, bevorzugen Neubauten und Eigenheime im Grünen. Falls dieser Trend anhalte, könne sich der Leerstand in den nächsten 20 Jahren auf 2 Millionen erhöhen, befürchten die Gutachter. Dadurch drohten die Städte zu veröden.

Bauminister Klimmt will sich an den Expertenratschlägen orientieren. Gerade bei der Umschichtung der Eigenheimzulage sieht der Minister aber noch Diskussionsbedarf. Der Bund, betonte er gestern, könne die geschätzten Kosten von jährlich rund 1,4 Milliarden Mark für das Programm nicht allein tragen. Klimmt will daher auch Länder, Kommunen und die Wirtschaft zur Kasse bitten.

KARSTEN NEUSCHWENDER

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