auf den kanaren
: „Saramago, hau ab“!

Unerwünscht

Francisco Rivero, der Betreiber des regionalen Privatfernsehens Canal 25, macht es sich leicht: „Wir werden diese Leute einfach rausschmeißen. Wenn sie die in ihren eigenen Ländern nicht wollen, dann treten wir sie ins Meer.“ Sie – oder „diese Leute“ sind die 1.800 schwarzafrikanischen Immigranten im Urlaubsparadies Kanarische Inseln. Gekommen sind die meisten in kleinen Holzbooten mit Außenbordern von der knapp 100 Kilometer entfernten Küste der von Marokko besetzten ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara. Ohne Papiere und Arbeit leben sie auf öffentlichen Plätzen der großen Städte der Inselgruppe.

Für Rivero droht durch sie die „Überfremdung der kanarischen Heimat“. Er macht in seinem Fernsehen mobil. Und das mit wachsendem Erfolg. Canal 25 erreicht dort, wo er gesehen werden kann, die höchsten Einschaltquoten, noch vor dem staatlichen TVE oder den im restlichen Land so beliebten spanienweiten Privatsendern TeleCinco oder Antenne 3. Don Francisco, wie der Volkstribun von seinen Anhängern genannt wird, erhält Applaus wie ein Popstar.

Längst macht der alte Herr, der stolz darauf ist, nicht studiert zu haben, nicht mehr nur gegen die Schwarzen Stimmung. Ob Polen, Russen oder Lateinamerikaner, alle stören sie ihn. Nur gegen eine Ausländergruppe hat er nichts: Die jährlich 14 Millionen Touristen, die die Bettenburgen an den Stränden besiedeln. Von denen leben die Menschen auf den Inseln schließlich.

In seinem Kampf zum „Schutz der kanarischen Rasse“ hat Rivero Verbündete in kleinen, nationalistischen Parteien gefunden. Mit ihrem Kampf für die Unabhängigkeit der Inselgruppe von Spanien waren sie bisher bei den Wahlen erfolglos. Jetzt wittern sie Morgenluft. Sie mobilisieren die Menschen auf die Straße. Anfang Oktober zogen erstmals mehrere hundert Menschen durch das Zentrum von Arecife, der Hauptstadt der Vulkaninsel Lanzarote.

„Stoppt die ausländische Invasion“, hatten sie sich auf die Fahne geschrieben. Und letzte Woche waren es dann über 1.000 in Las Palmas de Gran Canaria, der Hauptstadt der Inselgruppe. „Wir lassen uns unsere Inseln nicht kaputtmachen“, wurde auch hier der Fremdenhass geschürt. Für die nächsten Wochen sind weitere Demonstrationen für sämtliche Hauptstädte des Archipels angekündigt.

Bei den beiden bisherigen Märschen kam es zu Auseinandersetzungen mit Anhängern von Solidaritätsgruppen. Ihr Vordenker ist der Schriftsteller José Saramago. „Gegen den Rassismus und für die Mischung der Kulturen“, treten die Gegendemonstranten ein. Sie propagieren die Weltoffenheit der im Atlantik liegenden Inseln.

Doch nur wenige Kanaren schließen sich ihnen an. In Arecife waren es gerade mal ein paar Dutzend und in Las Palmas knapp 300. „Saramago – hau ab“, schreiben die selbst ernannten Schützer der Kanaren mittlerweile auf ihre Transparente. Der Literaturnobelpreisträger, der seit Jahren in Lanzarote lebt, ist ihnen nicht nur wegen seiner politischen Einstellung ein Dorn im Auge, sondern auch als Ausländer. Saramago ist nämlich Portugiese. REINER WANDLER