Kein einmaliges Experiment

Die Internationale Frauenuniversität in Hannover zieht zum Abschluss eine positive Bilanz. In zwei Jahren soll es weitergehen. Niedersachsens Regierung sagt Gelder zu

HANNOVER taz ■ „Liebe, Leben, Schweigen, Furcht“ waren für Agnes Khoo die vier zentralen Themen der Internationalen Frauenuniversität (ifu) – auch wenn sie so nicht auf dem offiziellen Lehrplan standen. Khoo war eine von vier ifu-„students“, die am Freitag bei der Abschlusszeremonie in der Uni Hannover vor gut tausend ZuhörerInnen auf sehr persönliche Weise Bilanz zogen.

Liebe. „Wir haben Liebe auf so viele Art erfahren“, meint die Taiwanesin. Leben. Diese „Gemeinschaft der Frauen“ sei „voller Leben, Kreativität und Energie“ gewesen. Schweigen. „Schweigen ist Negation.“ Aber „unsere Träume und Hoffnungen können nicht mehr zum Schweigen gebracht werden“, denn „das Ende der ifu ist unser Anfang“. Furcht. In den Straßen von Prag, als ifu-Frauen gegen IWF und Weltbank protestierten, sei sie überwunden worden.

„Globalisierung ist ein zweischneidiges Schwert“, sagt Agnes Khoo. Gerade unter den Frauen fordere sie viele Opfer. Doch sie habe es auch ermöglicht, „dass wir hier sein konnten“, und dafür ist Agnes Khoo dankbar. Klatschen, Begeisterung, Jubel. Von allen Rednerinnen hatte die Taiwanesin die Gefühle der Teilnehmerinnen – fast zwei Drittel von ihnen stammen aus der so genannten Dritten Welt und Osteuropa – vielleicht am besten getroffen. In ihren Abschlussreden waren sich alle einig: Die Erfahrungen auf der ifu waren viel zu positiv, um es bei einem einmaligen Experiment zu belassen.

Zunächst soll das virtuelle Netzwerk weitergewoben werden: Der ifu-Server, zu dem alle Teilnehmerinnen Zugang haben, wird mindestens noch bis Jahresende weiterlaufen (www.vifu.de). Parallel dazu, so ifu-Initiatorin Helga Schuchardt, soll bereits die nächste „Präsenzphase“ vorbereitet werden. Sie soll „Ende 2002 oder Anfang 2003“ laufen, wahrscheinlich wieder in Hannover. Dann aber nicht drei Monate lang, mit 1.000 Postgraduierten, sondern ein Jahr lang mit maximal 300 Nachwuchswissenschaftlerinnen. Am Ende sollen die Teilnehmerinnen einen international anerkannten „Master“-Abschluss erhalten.

Die niedersächsische Landesregierung hat bereits signalisiert, die Vorbereitungsphase mit einer halben Million Mark zu subventionieren. Auch das Bundesbildungsministerium wird wohl wieder dabei sein.

Nach drei Stunden Reden gab es bei der Abschlussveranstaltung auch etwas zu sehen: die Ergebnisse der diesjährigen Projekte. So hatten die Teilnehmerinnen des Projektbereichs Wasser ein „Internationales Frauennetzwerk zur nachhaltigen Wasserbewirtschaftung“ gegründet. Das Netzwerk mit zwei geplanten Regionalbüros in Asien und Afrika soll demnächst elf Wasserprojekte verwirklichen. Immaculata Raphael aus Tansania will eine Anlage zur Regenwassernutzung für eine Schule mit 400 Kindern bauen. Adeline Foto Nee Mbenkum aus Kamerun plant eine Wasserselbstversorgung für ihr Dorf, nachdem dort „die nationale Wassergesellschaft fortgejagt wurde“. „Ich habe hier viel Wissen anhäufen können und viel Spaß gehabt“, sagt die Aktivistin aus Kamerun.

„Wir können keine Resultate formulieren“, bilanzierte hingegen Barbara Duden, deutsche Dekanin des Bereichs Body. Das liege einfach an diesem radikal subjektiven Thema. Kein Zufall also, dass die Projekte hier weniger wissenschaftlich als künstlerisch ausfielen: drei Kurzfilme, Gedichte, eine Video- und eine indische Dance-Performance. „Es war wunderbar, all diese Energie zu teilen“, sagte eine indisch-amerikanische Anti-Nuklear-Aktivistin. Für sie sei das größte „Highlight“ der Besuch bei den altgedienten Atomgegnerinnen des Wendlands gewesen. UTE SCHEUB