„Aus“ für die kleinen Pikereien?

Das Bundesversicherungsamt untersagt Krankenkassen die Übernahme von Kosten für Akupunktur. Doch die Securvita BKK in Hamburg rebelliert für ihre Mitglieder. Bei vielen Versicherern gehören die Nadelstiche zum Bestandteil der Schmerztherapie

Längst haben die kleinen Nadeln aus Fernost auch hier zu Lande viele Freunde gefunden. Denn Akupunktur hilft oft selbst dort, wo die Schulmedizin nicht mehr weiter weiß. Vorrangig bei Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, ferner Migräne und Kopfschmerzen hat sie sich als Behandlungsmethode bewährt. Jährlich lassen sich in Deutschland 1,5 Millionen Patienten piken, wissend um die große Wirkung der kleinen Stiche.

Für viele Krankenkassen ist die Akupunktur daher fester Bestandteil der Schmerztherapie. Die Kosten werden – zumindest anteilig – übernommen. Doch genau das hat das Bundesversicherungsamt (BVA) den gesetzlichen Kassen jetzt untersagt. Als Rechtsaufsichtsbehörde wacht das Amt darüber, dass die Krankenversicherungsträger nur solche Leistungen erbringen, die auch gesetzlich festgeschrieben sind. Gestützt ist dieses Verbot auf rechtlichen Grundsatzentscheidungen des Bundessozialgerichtes aus dem Jahre 1997, wonach Akupunktur und andere neue Behandlungsmethoden grundsätzlich nicht Teil der vertragsärztlichen Leistungen sind. Die Kosten für Akupunktur dürfen demnach erst dann wieder übernommen werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen dazu ein eindeutig positives Votum abgegeben hat. Doch dieses Gremium von 21 Ärztefunktionären, Kassenvertretern und Gesundheitspolitikern, das über den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen zu bestimmen hat, tut sich schwer mit einer Entscheidung. Die Reaktionen der Krankenkassen auf das vom BVA ausgesprochene Verbot sind unterschiedlich. Einige haben die Gunst der Stunde genutzt und ihre Zahlungen sofort eingestellt. Die Barmer, die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK) und die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) wollen „das drohende Aus der Akupunktur verhindern“ und in einem Modellversuch deren Wirksamkeit „wissenschaftlich untermauern“. Andere zahlen stillschweigend weiter wie bisher. Im BVA wartet man derzeit noch auf die Stellungnahmen der einzelnen Krankenkassen. Die eine oder andere wird hier wohl mit der in solchen Fällen üblichen Verschleppungstaktik arbeiten.

Die bundesweit agierende Securvita BKK aus Hamburg hingegen ist grundsätzlich anderer Auffassung als das BVA. Während das Amt verlangt, die Zahlungen einzustellen, weil es bisher keine ausdrücklich positive Entscheidung für die Akupunktur gebe, hält sich die Securvita BKK an das Sozialgesetzbuch, welches die seriösen Naturheilverfahren – und dazu zählt eben auch die Akupunktur – „besondere Therapieeinrichtungen“ nennt und festlegt, dass „Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapieeinrichtungen nicht ausgeschlossen“ sind. Da das Gesetz kein ausdrückliches Verbot enthält, zahlt und streitet die Securvita BKK für ihre Mitglieder. Mitnichten handle es sich bei dem ganzen Streit lediglich um medizinische Erwägungen. „Die Argumentation mancher Kassen- und Ärztevertreter erweckt den Eindruck, dass es dabei um Honorare geht“, weiß Securvita-Sprecher Schnorbach. Denn was die Kassen in Naturheilverfahren investieren, müssten sie möglicherweise beim Budget für die Schulmedizin abzwacken.

Von der Entscheidung des Ausschusses hängt ab, wie weiterhin mit der Erstattung von Akupunkturkosten verfahren wird. Nimmt der Ausschuss die Akupunktur als Behandlungsmethode ernst und in den Leistungskatalog der Krankenkassen auf, darf sie wieder bezahlt werden. Gibt es eine bedingt negative Entscheidung, etwa mangels ausreichender wissenschaftlicher Untersuchungen, so besteht für die Kassen immerhin noch die Möglichkeit, die Nadelstiche im Rahmen eines Modellvorhabens zu finanzieren. Solche Vorhaben müssen beim BVA angemeldet werden. Voraussetzung für ihre Genehmigung ist eine wissenschaftliche Begleitung des Projektes.

Entscheidet sich das Gremium eindeutig negativ, dürfen laut BVA „die Kosten definitiv nicht übernommen werden“. Doch selbst dann ist für die Securvita BKK noch nicht alles gelaufen. „Wir werden sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen, um gegen eine negative Entscheidung vorzugehen“, sagt Norbert Schnorbach. KAJA/ALO