Halbherzige Bafög-Reform

Das Kabinett beschloss das neue Gesetz zur Ausbildungsförderung. Ministerin Bulmahn wünscht sich mehr Arbeiterkinder an den Unis. Höchstsatz wurde um 75 Mark erhöht

BERLIN taz ■ Künftig sollen sie in die Hörsäle strömen: die Kinder der Einkommensschwachen, die bislang selten studierten, weil das alte Bafög dafür nicht reichte. „Wir müssen das Leistungspotenzial unseres Landes voll ausschöpfen – ob jemand studiert, darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen“, sagte Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn, nachdem das Kabinett ihren Entwurf gestern verabschiedet hatte.

Ab dem ersten April nächsten Jahres dürfen 440.000 Studenten auf staatlichen Unterhalt hoffen. Das sind 81.000 mehr als bisher.

Zwar wandelt die Reform das Bafög nicht zu einem elternunabhängigen Sockelbetrag für alle um, wie einst von Bulmahn und den Grünen geplant. Dennoch pries die Ministerin das Erreichte als „wirklichen Neuanfang“. Der Höchstsatz steigt von 1.030 auf 1.105 Mark – „endlich ein Betrag, von dem man leben kann, ohne nebenher zu jobben“, sagte Bulmahn. Außerdem setzt das neue Gesetz die Grenze des Elterneinkommens nach oben, fördert auch ein Auslandsstudium und legt fest: Höchstens 20.000 Mark müssen die Studenten nach dem Examen zurückzahlen. Zudem können auch Studenten ohne Bafög-Anspruch für zwei Jahre einen Bildungskredit beantragen. Für die Reform stockte der Bund seine Bafög-Gelder um eine Milliarde Mark auf. Damit wird noch längst nicht jeder zweite Student gefördert – wie es zu Beginn der Achtzigerjahre der Fall war. Zurzeit studieren in Deutschland nur 28 Prozent eines Jahrgangs – in den anderen Industrieländern sind es 40 Prozent. COSIMA SCHMITT