Mehr Biodiesel

Nevest will Gesamtproduktion in Deutschland verdoppeln. Anleger ziehen mit, Ökobilanz ist umstritten

BOCHUM taz ■ Die Wiesbadener Investmentgesellschaft Nevest AG will Deutschlands Markt für Biodiesel aufrollen. Kern des Projekts: Im brandenburgischen Schwarzheide und im mecklenburg-vorpommerschen Rostock sollen zwei Anlagen entstehen. Um an das Investitionskapital zu kommen, führt die Nevest noch bis zum 30. September ihre zweite Kapitalerhöhung durch. Das Grundkapital soll von 300.000 Euro auf 6 Millionen Euro verzwanzigfacht werden.

Die Nevest hat ihre Ziele hoch gesteckt. Laut Alleinvorstand Alexander Krueger ist der Baubeginn für die Anlage Schwarzheide noch in diesem Jahr geplant. Und: „Der erste Liter Biodiesel wird Ende nächsten Jahres fließen.“ In der Anlage Schwarzheide sollen 100.000 Tonnen Biodiesel jährlich produziert werden. Auch der Aufbau der Rostocker Anlage mit der gleichen Kapazität wird zügig in Angriff genommen. Krueger rechnet mit einem Baubeginn in der Mitte des nächsten Jahres.

Die Nevest wird sich als Initiator beider Projekte mit rund 50 Prozent an den Betreibergesellschaften der Biodieselanlagen beteiligen. Die Verhandlungen über die Beteiligungen für die restlichen 50 Prozent seien noch nicht abgeschlossen, so Krueger.

Mit den beiden Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 200.000 Tonnen im Jahr wird die Nevest die Produktionskapazitäten für Biodiesel in Deutschland nahezu verdoppeln. Bislang werden nur 300.000 Tonnen im Jahr produziert.

Die Kapitalerhöhung könnte nicht besser platziert sein. Derzeit legen immer mehr Investoren ihr Geld in Ökowerte an. Und die Nevest preist den Biodiesel als sinnvolle Alternative zu den herkömmlichen fossilen Treibstoffen an. Der Markt scheint ihr Recht zu geben. Die Analysten von Murphy & Spitz Umwelt Consult halten einen Absatz von rund 1 Million Tonnen Biodiesel im Jahr für realistisch. Dies entspricht rund 5 Prozent des deutschen Dieselverbrauchs. „Hintergrund der großen Nachfrage ist die Preisentwicklung für fossile Brennstoffe“, sagt Philipp Spitz, Leiter der Abteilung Research. Wegen der geringeren steuerlichen Belastung könne Biodiesel um bis zu 20 Pfennig je Liter billiger sein als herkömmlicher Diesel. In der vergangenen Woche hatten die rund 900 Biodiesel-Tankstellen in Deutschland bereits „vereinzelt trockene Zapfsäulen“ gemeldet. „Biodiesel ist in den nächsten 10 bis 15 Jahren eine sinnvolle Alternative“, so Spitz. Die Nevest hat bereits die gesamte Produktion der ersten drei Jahre aus der Anlage Schwarzheide an die Saarberg Bioenergie verkauft. Auch für den Biodiesel aus der zweiten Anlage in Rostock gibt es Interessenten. Krueger: „Über den Verkauf von 100.000 Tonnen haben wir bereits einen Vorvertrag abgeschlossen.“

Umweltexperten sind allerdings nicht ganz so begeistert: In der Ökobilanz des nachwachsenden Treibstoffes fällt etwa einem Sprecher des BUND negativ auf, dass der großflächige Anbau des Rohstoffes Raps zu Monokulturen führt. „Das bringt den Einsatz großer Mengen Pestizide und Düngemittel mit sich.“ Auch das Bundesumweltministerium hält nicht viel vom nachwachsenden Rohstoff. Ein Sprecher: „Biodiesel kann keine ernsthafte und langfristige Alternative zu herkömmlichen Treibstoffen sein.“ Bis zur Einführung von Brennstoffzellen und Wasserstoffautos seien verbrauchsoptimierte Benzinmotoren zu bevorzugen. Anders sieht es das Bundeslandwirtschaftsministerium. Eine Sprecherin sagt: „Die Ökobilanz ist gut.“ Der Schadstoffausstoß von Biodieselmotoren sei wesentlich geringer als der von herkömmlichen Motoren. DAVID SCHRAVEN