Es darf gern etwas mehr sein

Jede Finanzkrise der taz wirft die Frage auf: Warum ist die taz in so hohem Maß auf Einnahmen aus dem direkten Zeitungsverkauf angewiesen? Und warum ist das Anzeigenaufkommen so gering?

Nach wie vor wird der taz-Haushalt zu 82 Prozent aus Aboerlösen und Direktverkauf finanziert – bei anderen Tageszeitungen sind es nur 30 Prozent. Warum gelingt es der taz nicht, ein höheres Anzeigenaufkommen zu erzielen? Die Gründe sind vielfältig und beruhen meist auf tief sitzenden Vorurteilen.

Viele Unternehmen schalten ihre Anzeigen fast reflexhaft in den drei auflagenstärksten überregionalen Tageszeitungen. Die taz als kleine, späte Neugründung hat es schwer, dieses Schema zu durchbrechen. Und: Aufgrund der früheren Berlinförderung konnte die taz den Anzeigensektor zehn Jahre lang weitgehend vernachlässigen. Heute erweist sich diese Abstinenz, die lange zum taz-Profil gehörte, als einer der Gründe für die Krise.

Mittlerweile ist in der Berliner Kochstraße ein zehnköpfiges Team damit beschäftigt, Anzeigen zu akquirieren. Hinzu kommen eigene Anzeigenabteilungen bei den Lokalausgaben aus Hamburg, Bremen und NRW. Um die Betreuung der Großkunden kümmern sich vier externe Generalvertreter.

Als Hauptproblem bei der Akquise erweist sich das alte Klischee, nach dem der taz-Leser ein Wollstrümpfe tragender, einkommensschwacher Konsumfeind sei. Erst langsam spricht sich herum, dass die taz eine Leserschaft hat, die von der werbetreibenden Wirtschaft in anderen Tageszeitungen mit viel Aufwand umworben wird.

Im Vergleich zu den anderen Überregionalen sind die LeserInnen der taz jünger und haben (zusammen mit der Leserschaft der FAZ) das höchste Bildungsniveau. Mehr noch: Von Konsumverweigerung kann keine Rede sein. Analysen ergaben, dass taz-Leser genauso viel und oft Auto fahren wie der Rest der Bevölkerung. Also her mit der Reklame für neue Automodelle – oder für Computerangebote! Immerhin verfügen 60 Prozent der taz-Abonnenten über einen privaten Internetanschluss.

Die Leserbriefdebatten um politisch umstrittene Werbung haben das Bewusstsein dafür geschärft, dass die redaktionelle Linie und Werbebotschaft strikt getrennte Bereiche sind und es auch weiterhin sein müssen, dass aber ohne diese Koexistenz ein Überleben für die taz nicht möglich ist.

Vielleicht wird es in der taz auch in Zukuft einige Rahmenbedingungen nicht geben, die anderen Zeitungen ein gut Teil ihres Anzeigenumsatzes sichern. Die taz wird auch weiterhin im Wirtschaftsteil nicht seitenweise Börsendaten veröffentlichen, neben denen die Anzeigen großer Konzerne ihren angestammten Platz fänden.

Trotzdem treffen die Anzeigenkunden in der taz auf ein aufgeschlossenes Publikum. Auch taz-LeserInnen haben längst ihre Freude an geistreicher, versponnener oder schlicht unterhaltsamer Werbung entdeckt. Zeit, dass nun die Wirtschaft die taz als ein Medium begreift mit interessierten, wenn auch kritischen Konsumenten.

Konservativ, wie Industrie und Wirtschaft sich gern geben, wird diese Erkenntnis nicht über Nacht kommen. Aber wir arbeiten daran. Nun denn: Werbung an anzeigen@taz.de. rkr