Stiftung jetzt mit Vorstand

Endlich Wahlen des Kuratoriums der Bundesstiftung für die Entschädigung derNS-Zwangsarbeiter in Berlin. Vertreter des Bundesverbandes der NS-Opfer unterliegt

BERLIN taz ■ Das Kuratorium der Bundesstiftung für die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter hat endlich einen Vorstand. Ihm gehören als Vertreter der Bundesregierung der Ex-Justizminister Brandenburgs, Hans-Otto Bräutigam, und Avi Primor, ehemaliger Botschafter Israels in der Bundesrepublik, an. Als Vertreter der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft stand Michael Jansen, Generalbevollmächtigter der Degussa, zur Wahl.

Überraschend trat gestern auch der Geschäftsführer des Bundesverbandes der NS-Verfolgten, Lothar Evers, an. Er unterlag jedoch mit nur 9 der 27 Kuratoriumsstimmen. Am besten schnitt Jansen mit 21 Stimmen ab. Die Wahl war bereits einmal am 31. August gescheitert, weil damals kein Unternehmensvertreter feststand. Michael Jansen wurde erst Anfang dieser Woche nominiert. Die Vertreter des Bundes waren von Otto Graf Lambsdorff, dem Moderator der Entschädigungsverhandlungen, vorgeschlagen worden.

Seitens der Opferverbände war im Vorfeld Kritik an den Kandidaten laut geworden. Inoffiziell beklagten Kuratoriumsmitglieder aus den ost- und mitteleuropäischen Staaten, dass die jüdischen Sklavenarbeiter mit Primor einen Sprecher im Vorstand hätten, nicht aber die Zwangsarbeiter aus dem Osten Europas. Eingewandt wurde auch, dass im Vorstand niemand unmittelbar für die Opfer spreche. Wohl deshalb hatte Lothar Evers überraschend kandidiert. Volker Beck (Grüne), der im Vorfeld der Wahl auch zu den Kritikern gehört hatte, dementierte allerdings den Ausspruch, bei den Kandidaten Bräutigam, Primor und Jansen handele es sich um ein „Honoratiorengremium“. Auch die Nominierung eines Vertreters der Degussa war umstritten. Die Degussa hatte während des Zweiten Weltkriegs unter anderem das Gold raffiniert, das jüdischen KZ-Opfern und Ghetto-Insassen geraubt worden war. Sie hat zur Aufklärung dieser Vorgänge ein Gutachten in Auftrag gegeben – das noch nicht vorliegt – und im Übrigen ihre Archive gesperrt.

Das Kuratorium ist für die grundsätzlichen Fragen der Stiftung zuständig. In ihm sind alle Länder und Organisationen vertreten, die an den langjährigen Entschädigungsverhandlungen beteiligt waren. CS