Bobbys verdrängen Blockierer

Britische Regierung stellt Benzinlieferungen an Notdienste unter Polizeischutz. Ende der Streiks wegen hoher Treibstoffpreise nicht in Sicht. Brot und Milch werden knapp

DUBLIN taz/rtr ■ Die britische Regierung hat gestern Polizeikräfte eingesetzt, um Benzinlieferungen an Notdienste zu gewährleisten. Fast 30 Tanklastzüge durchbrachen die Blockade vor der Raffinerie Stanlow bei Liverpool, wo die Proteste der Spediteure und Bauern gegen die hohen Benzinpreise am vorigen Donnerstag begannen. In der einzigen schottischen Raffinerie Grangemouth machte ein großes Polizeiaufgebot den Tankwagen die Straße frei. Polizeichef John Evans sagte: „Wir eskortieren die Tankwagen und haben sogar angeboten, einen Beamten in jedes Führerhaus zu setzen.“ Er rechnet damit, dass die Proteste schon bald abbröckeln werden.

Davon war gestern nichts zu spüren. Das Benzin war lediglich für Krankenwagen und andere Notdienste bestimmt. Rund 80 Prozent aller Tankstellen in Großbritannien sind geschlossen. Die Tankwagenfahrer weigern sich meist, die Streiks zu durchbrechen, weil sie ihren Kollegen von den Speditionen nicht in den Rücken fallen wollen.

Premierminister Tony Blair drohte, die Armee einzusetzen, falls die Ölfirmen ihre Fahrer nicht zur Arbeit zwingen. Die Regierung erwägt, ihr 2.400 Kilometer langes Rohrleitungsnetz, durch das die Armee mit Benzin versorgt wird, für die Belieferung von Tankstellen zu nutzen.

Ray Holloway vom Verband der Tankstellenbesitzer sagte, es werde drei Wochen dauern, bis alle Tankstellen wieder mit Benzin versorgt sind. Er kritisierte die Regierung, weil sie abstreitet, dass die Blockaden auf breite Unterstützung bei der Bevölkerung stoßen. Blair wurde vom Ausmaß der Proteste überrascht. Ein Regierungssprecher räumte ein, dass die Regierung den Bergarbeiterstreik von 1984 zum Maßstab genommen hatte: Damals war es den Gewerkschaften nicht gelungen, die Benzinversorgung zu unterbrechen. Aufgrund der Benzinknappheit sind in vielen Läden Brot, Milch und andere verderbliche Waren ausverkauft.

In Belgien werden die Blockaden der Fuhrunternehmer indes schrittweise aufgehoben. Darauf hatten sich Regierung und Spediteure in zähen Verhandlungen geeinigt, teilte Verkehrsministerin Isabelle Durant gestern mit.

RALF SOTSCHECK