Die Vorschau
: Ein Kuba jenseits von Verfall und Salsa

■ Im Waller Medienzentrum findet ab heute eine kubanische Film- und Kunstwoche statt

Filme aus Kuba – gab es die nicht gerade erst in Bremen zu sehen? Tatsächlich veranstaltete die Schauburg zum Sommeranfang ein kleines Kuba-Film-Festival. Und auf den ersten Blick wirkt es so, als würde sich das Kino 46 an den Buena-Vista-Trend anhängen. Aber es wird schnell klar, dass die Veranstalter mit dieser Filmreihe alles andere vorhaben, als die Erwartungen zu bedienen: kein Musikfilm mit alten Troubadouren also, und auch kein Kamerablick auf den pittoresken Verfall von Havanna. Allerdings auch keine neuen Filme aus Kuba, denn diese hatte die Schauburg dem Kino 46 vor der Nase weggeschnappt.

Aus dieser Not haben die Veranstalter eine Tugend gemacht. Und so zeigen sie eine „kleine Geschichte des kubanischen Films“, in der anhand von sieben Werken exemplarisch die Entwicklung des dortigen Kinos vorgeführt wird. „El Megano“ (Di. 18.30 Uhr) war etwa der erste revolutionäre Film des Landes: 1955 noch unter dem Batis-ta-Regime gedreht, aufgeführt und beschlagnahmt. „Um Filme zu machen, mussten wir zuerst die Revolution machen“, sagt der Regisseur Julio Garcia Espinosa, der dann auch einer der großen Regisseure des kubanischen Agitprop-Kinos wurde.

Sein Film von 1966 „Las Aventuras de Juan Quinquin“ (Sa. 20.30 Uhr) ist eine Schelmengeschichte über einen siegreichen rebellischen Kleinbauern und hat auffällig viele Paralellen zu Louis Malles fast gleichzeitig entstandenem „Viva Maria“. Ebenfalls aus dieser kurzen Blütezeit, als das revolutionäre kubanische Kino ein Exportartikel war wie die Zigarren und der Zucker, ist „Memorias del Subdesarollo“ (Do. 20.30 Uhr) ein Frühwerk von Tom Gu-tiérrez Alea („Erdbeer und Schokolade“), in dem die Psyche eines Bougeouis gründlich auseinander genommen wird.

Mit den Zeiten hat sich auch die Grundstimmung der kubanischen Filme geändert. „Hello Hemingway“ (Mo. 20.30 Uhr) von Fernando Pérez aus den frühen Neunzigern ist etwa eine tieftraurige Elegie über die verpassten Chancen einer jungen Kubanerin. Er spielt zwar 1956 im Kuba des Batista, aber die Melancholie ist die des überlebten Systems Castros. Die Misere wird in verschiedenen Verkleidungen dargestellt: Daniel Diaz Torres lässt in „Alicia en el pueblo maravillas“ (Fr. 21 Uhr) eine kubanische Alice mit großen, erstaunten Augen durch das Castroland und seine Absurditäten wandern, und in „Reina Y Rey“ von 1994 (So. 20.30 Uhr) zeigt Juan Carlos Espinosa gar im Stil des italienischen Neorealismus, wie eine alte, einsame Frau mit ihrem Hündchen hungernd durch Havanna irrt.

Während die kubanischen Filmemacher immer mehr Schwierigkeiten haben, überhaupt Filme fertig zu stellen, entwickelt sich das Land zum Paradies für Dokumentarfilmer aus dem Westen. In der zweiten Schiene der Filmreihe „Dokumente“ werden in erster Linie solche Kamerablicke von außen gezeigt, und es wird interessant sein, festzustellen, inwieweit es etwa dem Deutschen Torsten Schulz gelungen ist, in „Techno Salsa“ (Fr. 22.30 Uhr) den rein touristischen Blick zu überwinden.

Er erzählt von vier europäische DJs, die mitten in Havanna eine Technodisko aufmachen, und das lässt schon Schlimmes vermuten. Zumindest der Ansatz von Birgit Heins „La moderna poesia“ (Sa. 18.30 Uhr) klingt spannender: In ihrem Reisebericht zeigt sie immer wieder die Ikone der Revolution Che Guevara auf T-Shirts, Aschenbechern oder Bierkrügen und untersucht den „Widerspruch zwischen Pathos und Kitsch“ anhand dieser Souvenirs. Die afrikanischen Wurzeln der kubanischen Kultur untersucht schließlich die deutsche Filmemacherin Elke Jonigkeit in ihrem Dokumentarfilm „Aché – die afrikanische Seele Kubas“ (Do. 18.30 Uhr), in dem schwarze Kubaner ihre Rituale ausführen und Göttergeschichten erzählen.

Umrahmt wird die Filmreihe im Waller Medienzentrum durch eine Ausstellung von Werken zeitgenössischer Maler aus Kuba, die am morgigen Freitag um 19 Uhr eröffnet wird, und an diese Veranstaltung schließt nahtlos die „Fiesta Cubana“ an, eine Tanzparty im „Tanzclub Gold Silber“, der im gleichen Gebäude untergebracht ist. Dort werden dann sicher auch die Songs vom „Buena Vista Social Club“ gespielt und Cuba Libre ausgeschenkt. Wilfried Hippen

Die Filmtermine stehen in der kinotaz. Weitere Infos unter Tel.: 387 67 31 oder im Internet: www.mz-bremen.de