Im Zentrum des Experiments

Marzuki Darusma war Suhartos politisches Ziehkind. Heute ist er der ärgste Feind des Ex-Diktators

Seinen Ehrgeiz, einmal Präsident Indonesiens zu werden, verbirgt er nicht. Darauf arbeitet Marzuki Darusman seit langem geduldig und unbeirrbar hin. Derzeit ist er Generalstaatsanwalt in Jakarta – ein Posten, der ihm die ständige Aufmerksamkeit der indonesischen und internationalen Öffentlichkeit garantiert, weil er im Zentrum eines der aufregendsten politischen Experimente in Südostasien steht: der Reform des riesigen Inselreiches, das vor knapp einem Jahr erstmals eine demokratisch gewählte Regierung erhielt.

Mit seiner Arbeit hat sich der 55-jährige weltgewandte Diplomatensohn und Jurist Marzuki keineswegs nur Freunde gemacht – denn zu dieser Reform gehören auch die Versuche, den 79-jährigen Ex-Präsidenten Suharto vor Gericht zu bringen, ebenso wie die Ermittlungen gegen mächtige Militärs und korrupte Unternehmer, die das Land jahrzehntelang beherrschten und auspressten. Im Sommer dieses Jahres explodierte eine Bombe in den Räumen der Staatsanwaltschaft. Eine zweite Sprengladung konnte rechtzeitig entschärft werden.

Mit Morddrohungen müsse er eben leben, hatte der Generalstaatsanwalt bereits vorher einmal gesagt. Überhaupt ist Marzuki für seine direkten Worte bekannt. So beklagte er in den letzten Monaten wiederholt vor der Presse den Mangel an kompetenten und aufrichtigen Juristen in Indonesien, der eine gründliche Reform des hochkorrupten Rechtssystems behindere.

Dabei ist Marzuki, der 1945 im Westen der Insel Java geboren wurde, selbst ein Produkt des Suharto-Systems: Schon 1977 zog er als Abgeordneter der regierenden Golkar-Partei ins Parlament, das dem Regime damals als demokratisches Feigenblatt diente. Erst Anfang der Neunzigerjahre macht sich Familienvater mit Reformforderungen bei Suharto unbeliebt. Der ließ ihn kurzfristig kaltstellen, bevor er ihn 1993 zum stellvertretenden Vorsitzenden der Nationalen Menschenrechtskommission ernannte. Überraschenderweise nahm die Kommission ihre Arbeit jedoch sehr ernst. Mit Untersuchungen über die Verbrechen des Militärs – etwa in Osttimor oder der Provinz Aceh – erwarb sich Marzuki, der nach dem Sturz Suhartos an die Spitze des Gremiums rückte, im In- und Ausland großen Respekt.

Innerhalb der Golkar-Partei, deren Fraktion Marzuki heute leitet, ist er inzwischen der prominenteste Vertreter des Reformflügels. Im vergangenen Jahr etwa machte er sich dafür stark, Suhartos Nachfolger und politisches Ziehkind, Präsident Bacharuddin Jusuf Habibie, nicht wieder zu wählen.

JUTTA LIETSCH