Jin: Polizei redet Unsinn

Streit um die Vorwürfe des Briten Justin Jin gegen die Polizei geht weiter. Täter verurteilt

BERLIN taz ■ „Dass die Polizei mich schützen wollte, ist barer Unsinn.“ Der chinesischstämmige Brite Justin Jin, der am vergangenen Freitag zusammen mit drei Asylbewerbern von jungen Deutschen angegriffen wurde, bleibt bei seinen Vorwürfen (taz berichtete gestern). Die zwei zum Tatort gekommenen Polizistinnen hätten sich mit den Tätern verbrüdert. Gegenüber der taz weist der Fotograf die Erklärung der Polizei zurück, man habe ihm helfen wollen: „Neben mir standen drei Afrikaner und vor mir zwei Beamtinnen. Was hätte mir da noch passieren sollen?“

Die Polizei bekräftigte gestern vor der Presse ihre Version: „Nach unseren Ermittlungen haben die Polizistinnen zu keiner Zeit Gewalt angewendet“, so Uwe Westen vom Oranienburger Polizeipräsidium. Der Brite, der nach dem Angriff nicht habe aufhören wollen zu fotografieren, sei wegen der existierenden Sprachbarrieren „zu seiner eigenen Sicherheit“ am Arm gefasst und in den Streifenwagen „gebeten“ worden. Jin erklärt, er sei zu keinem Zeitpunkt „um irgend etwas gebeten oder gefragt“ worden: „Sie haben mir die Arme verdreht und mich ins Auto gestoßen. Warum ich eine Kamera bei mir trug, hat mich niemand gefragt.“ Gegen die Beamtinnen wurde eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht.

Der 21-jährige Angreifer wurde gestern einem einem Schnellverfahren wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu drei Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Ein Schnellverfahren ist möglich, wenn die Freiheitsstrafe unter einem Jahr liegt. Der taz sagte Jin, er habe in den wenigen Tagen, die er sich in Rathenow aufgehalten habe, „eine Menge Diskriminierung“ erlebt, „und zwar nicht nur von Skinheads“. Am Bahnhof hätten Leute sich weggesetzt, als er auf einer Bank neben ihnen Platz nahm; in einem Café sei ihm aufgrund seiner Herkunft der Zutritt verweigert worden. Jin sagte, er habe seine Recherchen zum Thema „Opfer des Rassismus in Brandenburg“ beendet und werde Deutschland in den demnächst verlassen. Angaben zum Auftraggeber seiner Recherche oder seinem Zielland lehnte er ab: „Ich wurde unter den Augen von drei Zeugen angegriffen – das ist unstrittig. Welche Rolle sollte in dem Zusammenhang spielen, für wen ich arbeite oder wo ich hin will?“ Morgen will sich der Innenausschuss des Potsdamer Landtags mit dem Vorfall beschäftigen.

JEANNETTE GODDAR