Bremens Straßenbahner dicke Wagen, dünnes Eis

Es ist eigentlich ein Schritt in die richtige Richtung. Sukzessive und ohne zusätzliche Großbaustellen legt die BSAG die Gleisanlagen auseinander, damit eine breitere Waggonklasse eingesetzt werden kann. Das bedeutet zum einen, dass der Schritt ins Umland realisiert werden kann. Und zum anderen mehr Effizienz. Die schlägt sich zwar nicht in mehr Komfort im Sinne von mehr Platz für die Fahrgäste nieder. Das heißt aber für die BSAG eine bessere Kosten-Nutzen-Bilanz pro Fahrt.

Ein sinnvolles Vorhaben, wenn zwei Prämissen eingehalten werden. Erstens: Die Straßenbahner dürfen nicht anfangen, die oben beschriebenen Kapazitäts-Reize der neuen Wagen auszunutzen und mehr Gewinne durch vergrößerte Taktzeiten abzuschöpfen. Dies wird jedoch zweitens nur gelingen, wenn das Fahrgastvolumen ansteigt. Und da sind die Verkehrspolitiker gefragt. Denn mehr ÖPNV-Nachfrage erzeugt man vor allem durch entsprechend starkes Zurückdrängen des Individualverkehrs.

Damit ist aber vorerst nicht zu rechnen. Schon gar nicht bei einer großen Koalition, die sich um Zentimeter streitet wie etwa bei der Realisierung der Linie 4. Man muss keine seherischen Fähigkeiten besitzen, um den Ausgang jetzt schon vorherzusagen: Die Autofetischis-ten behalten ihre Prachtstraßen, die BSAG kompensiert notgedrungen ihre Kosten mit vergrößerten Taktzeiten und zu leiden haben die Fahrgäste und die weiter verpestete Umwelt. Jens Tittmann