Bush lässt hinrichten

In Texas sind wieder zwei Menschen exekutiert worden. Einer davon galt als geistig behindert. Gouverneur George Bush gewährte keinen Aufschub

WASHINGTON taz ■ Im US-Bundesstaat Texas sind zum ersten Mal seit 1977 zwei Menschen am gleichen Tag durch die Injektion von Gift hingerichtet worden. Brian Keith Roberson, 36, hatte 1986 in Dallas ein älteres Ehepaar erstochen. Oliver David Cruz, 33, war für die Entführung, Vergewaltigung und den Mord an einer 24-jährigen Frau zum Tode verurteilt worden. Cruz, der einen IQ von nur 63 hatte, galt als geistig zurückgeblieben.

Das Oberste Gericht weigerte sich, die Exekution auszusetzen. Der texanische Gnadenausschuss sprach keine Empfehlung zur Begnadigung oder Umwandlung der Strafe aus. George Bush, der Gouverneur des Bundesstaates Texas, hatte nach der texanischen Verfassung damit nur die Möglichkeit eines 30-tägigen Hinrichtungsaufschubs. Er machte davon keinen Gebrauch.

Nur einmal hat Bush in diesem Jahr einen Aufschub gewährt: Er ermöglichte einem Verurteilten, der seine Tochter vergewaltigt und ermordet haben soll, einen DNA-Test. Der Test ging zu Ungunsten des Verurteilten aus.

Um die Todesstrafe ist in den USA Anfang dieses Jahres eine erneute Diskussion entbrannt, nachdem der Gouverneur des Bundesstaates Illinois ein Exekutionsmoratorium in seinem Staat beschlossen hatte. In den letzten Jahren waren in Illinois mehr Verurteilte durch Nachrecherchen aus den Todeszellen befreit worden. Im Juni dieses Jahres trat die Columbia University mit einer Untersuchung aller Todesstrafen seit 1973 an die Öffentlichkeit, die nachwies, dass Prozesse, die mit Todesurteil ausgehen, für Verfahrensfehler besonders anfällig sind. In einer Mehrzahl der Fälle wurden die Verfahren wieder aufgenommen und Urteile kassiert.

Damit verlagerte sich die Diskussion der Todesstrafe in den USA auf eine neue Ebene. Nicht mehr die ethische Vertretbarkeit der Todesstrafe stand zur Debatte, sondern die Fehleranfälligkeit der Justizsysteme. Die New York Times analysierte alle Todesstrafenverfahren der letzten Jahre in Texas und stellte in vielen Fällen unzulängliche Verteidigung fest. Texas verhängt nicht die meisten Todesurteile, dieser Rekord gebührt Kalifornien, Texas exekutiert aber die meisten Todeskandidaten – 130 sind es seit Amtsantritt Bushs.

Bush geriet vor allem durch zwei Fälle in die Kritik. 1998 ließ er eine Frau hinrichten. Auf Karla Fay Tucker machten die Medien besonders deshalb aufmerksam, weil sie sich im Gefängnis zum Christentum bekehrte und die christliche Rechte sich für ihre Begnadigung einsetzte. Im Juni dieses Jahres ließ Bush Gary Graham hinrichten, dessen Verteidigung als inkompetent gewertet wurde, weil wichtige Entlastungszeugen nie gehört wurden.

PETER TAUTFEST