genfood entdeckt
: Diskussion steht noch bevor

Die Stiftung Warentest hat Gen-Mais und Gen-Soja in einem Drittel der getesteten Lebensmittel gefunden – vom Tofu bis zum Schokoriegel –, obwohl die Industrie offiziell solche Rohmaterialien in Europa noch gar nicht verwendet. Denn die Europäer sind laut Umfragen strikt gegen Genfood. Die Funde erschüttern erneut das Vertrauen in die Nahrungsmittelindustrie. Sie kann oder will anscheinend nicht die verschlungenen Wege der Rohstoffe durch weltweit verteilte Silos, Getreidemühlen und Food-Fabriken kontrollieren.

Kommentarvon REINER METZGER

Können wir denn überhaupt noch etwas essen? Die Antwort heißt: „Ja“. Denn von dem ermittelten Gen-Mais und Gen-Soja geht nach bisherigen Kenntnissen keine direkte Gefahr für den Genießer aus. Bei den getesteten Produkten ist also keine Panik um den eigenen Bauch angebracht.

Der Skandal ist diesmal nicht ein industrieller Anschlag auf Leib und Leben, sondern dass die Verbraucher für dumm verkauft werden. Man könnte nun einwenden, dafür sei die moderne Nahrungsmittelindustrie ja da. Wofür sonst sollten die gigantischen Werbeetats ausgegeben werden? Wenn die Konsumenten allzeit eine große Vielfalt von Produkten billigst auf den Tisch haben wollen, müssen sie zwangsläufig geblendet werden.

Doch hier geht es um mehr: Eine neue und in ihren Auswirkungen nicht durchschaute, potenziell aber hoch profitable Technik soll schleichend eingeführt werden. Die Verbraucher werden nur als Deppen angesehen, die noch nicht begriffen haben, dass das Wohl der Industrie auch ihr Wohl zu sein hat.

Die Konsumenten haben den Braten natürlich schon gerochen, trotz der Propaganda. Sie sind bestens informiert über mögliche Gefahren für die eigene Gesundheit, den Artenreichtum oder die gewachsene Struktur der Landwirtschaft in den Entwicklungsländern und hier zu Lande. Noch haben die Genfood-Gegner die Öffentlichkeit auf ihrer Seite. Das Problem jedoch: Das wird sich ändern, sobald neue Gen-Sorten künftig wirkliche Vorteile bieten könnten. Derzeit bringt Gen-Food als Endprodukt keinen Zusatznutzen, eventuell ein paar Pfennig beim Preis. Ganz anders sieht das aus, wenn die Kartoffel mit mehr Vitaminen erfunden wird oder der Mais mit Trüffelgeschmack – was immer dem Marketing einfallen mag. An solchen Produkten mit „Zusatznutzen“ arbeitet die Industrie natürlich längst. Sobald sie auf den Markt kommen, geht die Diskussion erst richtig los.