„Spiegel“-Reporter frei

Der auf der philippinischen Insel Jolo entführte Journalist hatte keinen Kontakt zu den anderen Geiseln in den Händen der Abu-Sayyaf-Rebellen

BERLIN taz/dpa/rtr/afp ■ Nach 25 Tagen Geiselhaft auf der südphilippinischen Insel Jolo ist der Spiegel-Korrespondent Andreas Lorenz gestern von den mutmaßlichen Abu-Sayyaf-Rebellen freigelassen worden. Mit ihm kam auch ein philippinischer Prediger frei, der auf der Insel die seit Ostermontag ursprünglich 21 festgehaltenen Geiseln besucht hatte und dann samt seiner 13-köpfigen Evangelistengruppe gekidnappt worden war.

Lorenz geht es den Umständen entsprechend gut. „Ich bin sehr glücklich, zurückzusein, und ich bin allen dankbar, die mir geholfen haben“, sagte er gegenüber Journalisten in Jolo. Er habe während seiner Geiselhaft fast nur Reis und Ölsardinen zu essen bekommen, erklärte er. Dies ist im Vergleich zur gewöhnlichen Nahrung philippinischer Bauern im Hinterland, die fast nur Wurzelfrüchte zu essen haben, noch relativ luxuriös.

Der 47-jährige Lorenz war gestern von einem Emissär des Provinzgouverneurs Abdusakur Tan vom Rebellenversteck in dessen Haus gebracht worden, wo ihn Spiegel-Auslandschef Olaf Ihlau in Empfang nahm. Von da aus flog er noch am Abend über Manila nach Deutschland ab, wo er heute erwartet wird.

Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust erklärte: „Wir freuen uns über die Freilassung unseres Kollegen und hoffen, dass auch die übrigen festgehaltenen Geiseln so schnell wie möglich freikommen.“ Im ZDF erklärte Aust, der Spiegel habe allein mit den Entführern vor Ort verhandelt. Das deutet auf die Zahlung von Lösegeld. Spiegel-Sprecher Heinz Lohfeldt wollte auf Anfrage der taz weder nähere Angaben zur Freilassung von Lorenz noch über ein Lösegeld machen. Der Spiegel hatte kurz nach Lorenz’ Entführung angedeutet, man sei zur Zahlung bereit.

Der Korrespondent war am 2. Juli auf Jolo entführt worden, als er über die Geiselnahme der 21 Touristen und Einheimischen recherchierte und wahrscheinlich unter einem Vorwand in eine Falle gelockt wurde. Denn Lorenz war sich der Gefahr bewusst, da er bereits zuvor zusammen mit anderen Journalisten von den Rebellen als Geisel festgehalten worden war. Damals kamen sie gegen Zahlung von 25.000 US-Dollar innerhalb von Stunden frei.

Bei Lorenz’ Kidnappern handelt es sich wahrscheinlich um eine Splittergruppe der Abu Sayyaf. Lorenz sagte gestern, er haben keinen Kontakt zu den anderen Geiseln gehabt. Insgesamt befinden sich noch 32 Geiseln in der Hand von Abu Sayyaf, darunter fünf weitere Journalisten. HAN