Der Tod und das Mädchen

■ Vorsicht, dieser Mann kann äußerst gefährlich werden: Der brutale, schweigsame Typ in Violent Cop

„Wie, glauben Sie, fühlt man sich, wenn man als 18-Jähriger erfährt, dass der eigene Vater zu den Yakuzas gehört?“ fragte Takeshi Kitano kürzlich in einem Interview. „Er hatte seltsame Tätowierungen, und ich wusste nicht warum. Wenn ich mit ihm unterwegs war, wurden wir von Gangstern gegrüßt. Aber er taugte nichts als Yakuza, er hatte nur zwei Gefolgsleute! Weil er in diesem Beruf nicht überlebensfähig war, erlernte er ein anderes Handwerk, die Wandmalerei.“

Der Apfel fällt bekanntlich nicht weit vom Stamm: Zumindest sind die Arbeiten des japanischen Regisseurs und Allroundtalents voll von Yakuza-Gangstern – und meist sind sie alles andere als überlebensfähig und erfolgreich. Mit Ausnahme von Kikujiros Sommer enden sie alle für ihre Protagonisten tödlich. Und genauso wie durch unvermittelte Gewaltausbrüche und Gangsterarchetypen stechen Kitanos Filme durch ihre minimalistische Bildkomposition ins Auge.

Doch so erfolgreich Kitano damit bei westlichen Cineasten wurde, kennt man ihn in Japan mehr als kruden Komiker und TV-Moderator, denn als feinsinnigen Kunstfilmer. Aber wie könnte man auch jemanden ernst nehmen, der einmal einen ganzen Bus mit Quizkandidaten im Wasser versenkte. Einige wären dabei fast ertrunken.

Mit Violent Cop wechselte das enfant terrible zum Spielfilm. In dem Film finden sich genug Spuren seiner späteren Stilmittel und Themen: der Strand etwa, oder die Liebe zu den Momenten zwischen zwei Handlungen, die den Film äußerst sehenswert machen.

In Vorwegnahme der für ihn so typischen schweigsamen Männerfiguren spielt Kitano den brutalen Bullen Azuma, der einem Drogendealerring auf die Spur kommt. (Der japanische Titel wäre angemessener mit der Warnung „Vorsicht, dieser Mann ist gefährlich“ übersetzt.) Als seine Schwester von der Yakuza entführt, unter Drogen gesetzt und vergewaltigt wird, kennt er kein Halten mehr und verliert sich in einem Privatkrieg, der ihm am Ende das Leben kostet. Wie später in Hana-Bi ist Kitanos nihilistischer Protagonist ein sich nur durch Gewalt und minimale Gesten ausdrückender Einzelgänger, der aus einem Gefühl der Verantwortung einer Frau gegenüber handelt. Angesichts der Gelassenheit, mit der Azuma willentlich in den Tod geht, beschleicht einen hin und wieder allerdings die Ahnung, dass ein starker Abgang vielleicht doch nur eine Frage des gut geschnittenen Seidenhemds ist. Tobias Nagl

heute und morgen, 22.30 Uhr, Zeise