Weiter Ruhe auf den Feldern

Trittin will erst ein Label auf Gentech-Produkte, bevor sie auf die Felder und auf den Markt kommen. Verbraucher sollen entscheiden können, was sie kaufen wollen

BERLIN taz ■ Die Absichten der EU-Kommission, die Aussaat gentechnisch veränderter Pflanzen noch dieses Jahr zu genehmigen, findet bei den EU-Umweltministern offensichtlich wenig Freunde. Bei einem informellen Treffen der Minister in Paris einigte man sich darauf, Vorsicht walten zu lassen. Es gelte, so die französische Ressortchefin Dominique Voynet, die „möglichen Konsequenzen für Umwelt und Gesundheit durch Gen-Pflanzen im Auge zu behalten“. Bundesumweltminister Jürgen Trittin bezeichnete den Vorstoß der EU-Umweltkommissarin Margot Allström im Gespräch mit der taz als „sehr übereilt“.

Die EU-Staaten hatten 1998 die Aussaatgenehmigung gestoppt, um eine Revision der alten Richtlinie abzuwarten. Am 19. September soll das Vermittlungsverfahren beginnen. Bis die Richtlinie danach allerdings in nationales Recht umgesetzt wird, wird es mindestens ein Jahr dauern. Wallström hatte gefordert, dass die Firmen schon jetzt aussäen dürfen, dabei aber freiwillig die verschärften Auflagen anerkennen sollen.

Das Bundesumweltministerium wendet sich nicht grundsätzlich gegen die Freisetzung. Im Gegenteil, Deutschland setzt sich für eine möglichst rasche Verabschiedung der revidierten Richtlinie (90/220) über die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen ein. Nicht einverstanden ist man auf EU-Ebene und in Deutschland allerdings mit der Vorstellung, dass die Produkte der Aussaat dann kommentarlos auf dem Markt erscheinen. Kein Wunder, immerhin würden 60 Prozent der EU-Bürger laut neuesten Umfragen zum Beispiel keine Lebensmittel essen, die gentechnisch verändert sind. Im Vordergrund steht entsprechend bei Trittin der Verbraucherschutz. „Die Produkte dürfen erst auf den Markt, wenn es ein Label dafür gibt, und der Verbraucher rückverfolgen kann, was er da kauft. Dann kann der Verbraucher entscheiden“, sagte er. Entsprechende Regelungen liegen allerdings noch nicht vor, die Minister warten auf ein entsprechendes Programm der EU-Kommission. Vorher will man an dem Moratorium nicht rütteln.

Als Hintergrund für das Vorpreschen der EU-Kommission vermutet Trittin deren Angst vor drohenden Auseinandersetzungen mit der Welthandelsorganisation WTO. US-Firmen, die ihre genmanipulierten Produkte gerne auch in Europa verkaufen möchten, üben seit längerem Druck auf die WTO aus. Trittin gab sich unbeeindruckt von dieser Bedrohung: „Es gibt eine Vielzahl von Auseinandersetzungen zwischen der WTO und Europa“, sagte Trittin. Frankreich, Italien und Deutschland hätten nun mal ein Moratorium bei der Freisetzung eingerichtet.

Weiteres Thema des Pariser Treffens war die Rio-Nachfolge-Konferenz 2002. Als Konferenzländer haben sich Südafrika und Südkorea beworben. Deutschland unterstützt laut Trittin die Bewerbung Südafrikas.

MAIKE RADEMAKER