Aids, die Wirtschaftskatastrophe

Zu wenig Hilfe für Afrika bei Aids-Bekämpfung und zu wenig Koordination. UNAIDS fordert Schuldenerlass

BERLIN taz ■ Aids gefährdet die Bevölkerung eines ganzen Kontinents. Pünktlich zur Weltaidskonferenz im südafrikanischen Durban kündigte die Weltbank deswegen an, dass sie 500 Millionen Dollar allein für einen Aids-Fonds in Afrika ausgeben will. Das ist immerhin ein Drittel dessen, was die Bank allein 1997 allen 54 afrikanischen Ländern gegeben hat, ob für Ölförderung oder Straßenbau. Es ist allerdings wenig angesichts der sechs Milliarden Dollar, die der Direktor des UN-Aids-Programms (UNAIDS), Peter Piot, fordert – und zwar nur zur Vorbeugung und Aufklärung.

Aids ist für eine arme afrikanische Familie nicht nur eine gesundheitliche Katastrophe, sondern auch eine wirtschaftliche. Laut UNAIDS sinken die Ausgaben einer betroffenen Familie für Schule und Nahrungsmittel drastisch, damit Medikamente gekauft werden können. Trifft Aids den- oder diejenige, die das Einkommen erwirtschaften, fällt es ersatzlos aus. In Ländern wie Botswana, wo laut UNAIDS mehr als ein Drittel der Bevölkerung infiziert ist, steht die wirtschaftliche Grundlage des Landes in Frage.

Umso schwieriger ist es, die bisher aufgewendeten Mittel zur Aids-Bekämpfung zu beziffern. Selbst die Weltbank ist sich nicht sicher, was sie bisher getan hat. Mal sind es 800 Millionen seit 1986, mal eine ganze Milliarde Dollar – in 14 Jahren. Es ist schlicht auch eine Frage der Definition: Jedes Gesundheitsprogramm, das über fachgerechte Krankenpflege informiert, ist automatisch auch ein Aids-Hilfeprogramm. Nur selten sind die Projekte so unverblümt wie das Kondomprogramm in Nairobi: Da bekamen 500 Prostituierte freie Kondome und eine freie Behandlung von sexuell übertragbaren Krankheiten.

Auch die Bundesregierung engagiert sich. 100 Millionen Mark, so Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, sollen Afrika dieses Jahr über die bilaterale Zusammenarbeit für die Aids-Bekämpfung zur Verfügung gestellt werden. Die Bereitschaft, gegen Aids vorzugehen, wächst offensichtlich. Allerdings klagt der Deutsche Entwicklungsdienst über die Mängel, an denen die Entwicklungshilfe grundsätzlich leidet: Es gibt keine globalen Strategien und es fehlt an Koordination der Geber, heißt es im Jahresbericht von 1999. UNAIDS-Chef Piot schlug eine Strategie vor: Entschuldung des Kontinents, den 200 Milliarden Dollar drücken. Ohne Schuldenzahlung gäbe es genug Mittel für die Regierungen – und genau da passiert weiterhin kaum etwas. MAIKE RADEMAKER