Krach in der Weltbank

Direktoren wenden sich gegen umstrittenes Umsiedlungsprojekt. Kritiker feiern den Erfolg. China reagiert empört und will das Projekt jetzt allein durchführen

BERLIN taz ■ Zwischen der Weltbank und ihrem größten Kunden China ist am vergangenen Freitag ein schwerer Konflikt entbrannt. Das Exekutivdirektorium der Bank wollte China nach stundenlangen Beratungen einen Kredit von 40 Millionen US-Dollar für ein umstrittenes Umsiedlungsprojekt nur unter strengen Auflagen bewilligen. China zog daraufhin empört den Projektantrag zurück. Mit der Haltung des Direktoriums wurde nicht nur China düpiert, sondern auch Weltbankpräsident James Wolfensohn bloßgestellt, der mit seinem Management einen anderen Kompromiss vorgeschlagen hatte. Chinas Exekutivdirektor Zhu Xian kündigte an, dass China das Projekt dennoch durchführen wird.

Im Rahmen des Projektes, einer Komponente einer Armutsbekämpfungsprogrammes, sollten 58.000 arme, chinesische Bauern in traditionell tibetisches Gebiet umgesiedelt werden. Ein interner Bericht der Weltbank hatte kritisiert, dass die Bank weder ausreichend geprüft hatte, wie die tibetische Bevölkerung dazu steht, noch ob die Umwandlung eines wüstenähnlichen Areals in eine Agrarindustriezone umweltverträglich ist. Damit habe die Bank gegen die eigenen Richtlinien verstoßen. Regierungsunabhängige Organisationen hatten weltweit gegen das Projekt protestiert, da mit der Finanzierung durch die Bank die chinesische Politik der ethnischen Unterwanderung unterstützt und die Spannungen in den tibetischen Gebieten sich erhöhen würde.

Die Forderung nach der Erfüllung strenger Auflagen stellten im Direktorium der Bank vor allem der US-amerikanische, japanische und englische Vertreter. Zhu Xian lehnte die Konditionen in einer Mitteilung vor dem Direktorium ab: „China akzeptiert keinerlei Auflagen, die über die des Managementes hinausgehen“ . Man sei „sehr besorgt“ darüber, wie die Bankrichtlinien in extremer Form interpretiert und für politische Zwecke missbraucht worden wären. Man wolle innerhalb der Bank so bald wie möglich eine grundsätzliche Diskussion über deren Zielsetzung und forderte eine Trennung ökomischer Fragen von politischen.

Wolfensohn hatte vorab versucht, dem Eklat vorzubeugen. In einem internen Brief hatte er empfohlen, bei der Projektplanung zu bleiben, fehlende Studien aber anfertigen zu lassen. „Als die Richtlinien geschrieben wurden, hatten wir nie daran gedacht, dass sie einmal so buchstäblich und mechanistisch angewendet werden“, wehrte er sich in dem Brief gegen Kritik.

Ganz abgesehen davon, dass sich das politische und wirtschaftliche Schwergewicht China von den westlichen Anteilseignern angegriffen fühlt, ist der offene Streit zwischen Management und Direktorium der größten internationalen Entwicklungsbank sehr ungewöhnlich. In der Regel folgt das Direktorium, das über jeden Kredit und die politische Zielsetzung der Bank entscheidet, den Empfehlungen des Managements.

Deutschland hatte sich bisher gegen das Projekt ausgesprochen. Tibetische Gruppen und Umweltorganisationen begleiteten die Beratung mit Protesten und feierten das Ergebnis als Erfolg. MAIKE RADEMAKER

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