Der Präsident als Busfahrer

Uganda stimmt über die Beibehaltung seines „Nichtparteiensystems“ ab. Im gelben Präsidentenbus, so die Werbung der Regierung, fahren alle Bürger geeint

KAMPALA taz ■ In den 39 Jahren des unabhängigen Uganda hat es frei arbeitende politische Parteien nur zehn Jahre lang gegeben; die meisten ugandischen Herrscher, vom berüchtigten Idi Amin bis zum aufgeklärten Yoweri Museveni, konnten Parteien nie leiden und kamen ohne sie aus. Nun hat Präsident Museveni das Volk an die Urnen gerufen, um zu entscheiden: Soll Uganda jetzt doch ein klassisches Mehrparteiensystem kriegen? Oder behält es das sog. Movement-System – das Nichtparteiensystem, das seit Musevenis Machtergreifung 1986 existiert und unter dem die regierende „Nationale Widerstandsbewegung“ (NRM), die identisch ist mit der Verwaltungsstruktur des ugandischen Staates, alle politischen Aktivitäten in sich einschließt?

Präsident Museveni tourt in einem gelben Bus durch das Land und wirbt für sein System. Der Bus, Symbol des Regierungswahlkampfs, steht für Modernität und Bewegung und auch für Offenheit, da in ihn mehr Leute passen als in ein Auto.

Gewichtige Gegner hat Museveni nicht. Es gibt Parteien in Uganda, aber sie dürfen nicht frei tätig sein, sondern unterhalten lediglich Büros in der Hauptstadt Kampala. Sie rufen bei der Volksabstimmung zum Boykott auf: Aus ihrer Sicht ist die Freiheit, Parteien zu bilden, ein fundamentales Menschenrecht, das nicht zur Wahl stehen kann.

Wegen dieses Boykottaufrufs kämpfen für das Mehrparteiensystem lediglich ein paar relativ unbekannte junge Männer, denen die Parteien vorwerfen, von der NRM angeheuert worden zu sein, um den Anschein von Pluralismus zu wahren. Schließlich gibt es Staatsgelder für beide Seiten bei der Volksabstimmung, und jemand muss ja das Geld der Parteienseite kriegen.

So bildete der Jungdreißiger Nelson Ocheger mit ein paar Gleichaltrigen ein „Multiparty National Referendum Committee“ (MNRC) und bekam das Geld, um unter dem Mehrparteiensymbol der Taube Wahlkampf zu führen. Später gab es einen Streit um das Geld, und Ocheger wurde abgesetzt.

Es ist also klar, dass Museveni und die NRM die Volksabstimmung gewinnen. Unklar ist, ob die 10,5 Millionen registrierten Wähler überhaupt wählen gehen. Viele Ugander finden die Volksabstimmung überflüssig, da Museveni ohnehin an der Macht bleibt. Unklar ist auch, ob die NRM angesichts dieser Apathie überhaupt eine große Mehrheit bekommt, wie sie es hofft.

Wenn die Mehrheit klein ausfällt, wird die Regierung sich voraussichtlich großzügig zeigen und Parteien zulassen. Sie könnte es sich nicht leisten, wachsende Unterstützung für ein Mehrparteiensystem zu ignorieren. Dann würde die NRM sich in eine Partei umwandeln und mit der Macht des Staatsapparates im Rücken spätere Mehrparteienwahlen gewinnen.

Es ist aber auch möglich, dass die NRM eine sehr große Mehrheit bekommt. Es mag aus westlicher Sicht seltsam erscheinen, aber das Movement-System ist in Uganda beliebt, vor allem bei den Bauern. Die Parteien, die vor dem Sieg der NRM-Guerilla Musevenis 1986 die ugandische Politik prägten, haben keinen guten Eindruck hinterlassen. Die NRM hat es geschafft, die Idee eines Mehrparteiensystems als Rückkehr zu den schlechten alten Zeiten der schlechten alten Parteien und der früheren tribalistischen Spaltung des Landes zu diskreditieren.

Die Führer der NRM würden selbstverständlich eine große Mehrheit bevorzugen. Sie würden dann bei den nächsten Präsidentschaftswahlen im Februar 2001 Museveni als Movement-Kandidaten aufstellen, gegen den andere Politiker dann nur als Einzelpersonen antreten dürften. Dann gewinnt Museveni natürlich und bleibt für weitere fünf Jahre an der Macht.

Dies ist das wahrscheinlichste Szenario, und es schreibt den heutigen Zustand der ugandischen Politik bis zum Jahr 2006 fest. Bis dahin, so die Erwartung, sind Ugandas existierende Parteien endgültig tot, und die 1997 eingeführte allgemeine kostenlose Schulbildung wird beginnen, das Bewusstsein der Menschen zu verändern. Erst dann wird man die Politik freigeben.

JOACHIM BUWEMBO

Der Autor ist Chefredakteur der ugandischen Sonntagszeitung „Sunday Vision“