Warten auf Nizza

Beim Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Portugal wurde Griechenland zum zwölften Eurostaat erkoren. Keine Lösung im Steuerstreit

BRÜSSEL taz ■ Der europäische Gipfelzirkus wird dem kleinen nordportugiesischen Feira keinen dauerhaften Ruhm bescheren. Das lässt sich schon nach dem ersten Tag des Treffens der europäischen Staats- und Regierungschefs sagen. Zwar werden – wie beim Vertrag von Amsterdam, der Helsinki-Gruppe usw. – seit Gründung der Union Beschlüsse nach den Orten getauft, wo sie gefasst wurden. Doch eine „Entschließung von Feira“ wird es nicht geben. Denn alle warten auf den „Vertrag von Nizza“. Er soll im Dezember die EU entscheidungsfähiger machen. Feira ist – bei allem Lob, das dem Gastgeber und Inhaber der EU-Präsidentschaft Antonio Guterres gestern zuteil wurde – davor nur eine Zwischenstation.

Letztlich hat gerade jene Initiative, die den Portugiesen zu Beginn ihrer Präsidentschaft so viel Anerkennung eintrug, die Arbeit des letzten halben Jahres gelähmt: Die Sanktionen gegen Österreich interessierten die Öffentlichkeit weit mehr als Portugals Vorstoß „eEurope“, die europäische Jugend fürs Internet-Zeitalter fit zu machen. Der Aktionsplan wurde gestern in Feira präzisiert: Mehr Wettbewerb soll die Internet-Preise senken und so mittelfristig jedem Europäer einen bezahlbaren Zugang zum Web verschaffen.

Allenfalls Roman Herzogs Bericht über den in Brüssel tagenden Grundrechte-Konvent, der für den gestrigen Vormittag eingeplant war, hätte dem Gipfel ein wenig Brisanz verleihen können. Herzog aber musste seinen Besuch in Feira kurzfristig absagen (vgl. Artikel unten). Bislang ist nicht bekannt, ob Herzog den Vorsitz im Konvent nur vorübergehend abgibt. Ein Rücktritt hätte für die Charta einen Bedeutungsverlust zur Folge.

Auch finanzpolitisch ging es gestern in Feira nicht voran. Zwar wurde Griechenlands Aufnahme in die Währungsunion beschlossen: Ab dem Januar 2001 wird der Euro die Drachme ablösen. Griechenland wird so zum zwölften Euro-Staat. Die Entscheidung war aber schon Wochen vorher informell bekannt.

Die EU-Finanzminister hatten sich bereits am Sonntag getroffen, um weiter nach einer Lösung im Quellensteuer-Streit zu suchen. Dabei geht es um die Frage, ob und wie Zinserträge von EU-Ausländern in den Mitgliedsstaaten besteuert werden können. Gestern nahm sich die Runde der Regierungschefs des Themas an. Ein Kompromissvorschlag der portugiesischen Präsidentschaft, der nach einer Übergangsfrist eine Informationspflicht gegenüber den Finanzämtern der Herkunftsländer vorsieht, schien zustimmungsreif. Doch dann holte die „österreichische Frage“ die Gipfelteilnehmer wieder ein. Österreichs Finanzminister Grasser sagte, er werde das Bankgeheimnis nicht antasten. Im Übrigen müssten die Sanktionen gegen sein Land aufgehoben werden.

DANIELA WEINGÄRTNER