DER KRIEG IST VORÜBER, SEINE URSACHEN SIND NOCH NICHT BESEITIGT
: Bewährung für Äthiopien und Eritrea

Dass Äthiopien und Eritrea gestern förmlich einen Waffenstillstand unterzeichnet haben, lässt hoffen, dass einer der größten und blutigsten Konflikte nach dem Zweiten Weltkrieg nun friedlich gelöst werden kann. Der Krieg hat die Entwicklung in den zwei Ländern, die zu den ärmsten der Welt gehören, um Jahre zurückgeworfen – und eine Welle des Chauvinismus ausgelöst, die zeigt, dass bis zum Frieden noch ein weiter Weg ist.

Verräterisch ist an Eritrea schon der offizielle Name: „Der Staat von Eritrea“. Eine Republik war offenbar gar nicht geplant. Eritrea ist selbst in Afrika ein Sonderfall. Ein Land ohne regierungsunabhängige Medien, Organisationen, ohne Parlament, Verfassung und gewählte Regierung. Zudem begann es bewaffnete Auseinandersetzungen mit allen seinen Nachbarn: Sudan, Dschibuti, Jemen und schließlich Äthiopien. Manche entschuldigen das damit, dass Eritrea erst 1993 in die Staatengemeinschaft aufgenommen wurde. Hat die Führung des Landes eine ganze Generation junger Soldaten im Krieg verheizt, nur um diplomatische Gepflogenheiten zu lernen? Das ist absurd.

Aber auch Äthiopien hat erheblichen Anteil an der Eskalation. Zwar hatte die Regierung nach dem Sturz Mengistus 1991 ein gespaltenes Land geerbt, in dem zahlreiche Rebellenbewegungen entstanden. Aber die Schlussfolgerung der Regierung, das nation-building aufzugeben und Äthiopien in nach ethnischen Kriterien geteilten Einheiten zu regieren, schuf eher die Voraussetzungen eines Bürgerkriegs, als sie zu beseitigen. Und auch Äthiopien hat in Somalia und im Norden Kenias schon zuvor Krieg geführt. Der Konflikt mit Eritrea gab ihm nur den Anlass, seine Armee zur größten Afrikas aufzurüsten.

Der Westen und allen voran Deutschland, das nach den USA zweitgrößter Geber und Handelspartner Äthiopiens ist, muss nun darauf drängen, dass Äthiopien wieder vollständig abrüstet. Zudem ist eine Revision des Verhältnisses zu beiden Ländern nötig, die seit Anfang der 90er-Jahre zu den privilegierten Empfängern von Entwicklungshilfe gehören. PETER BÖHM