„Liebe taz...“ Wir fangen erst richtig an

Betr.: „Allein der Wille zählt“, taz bremen vom 16. Juni 2000

Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: Der Atomkonsens ist aus meiner Sicht ein Schritt in die richtige Richtung. Ich hätte mir gewünscht, der Schritt wäre größer ausgefallen. Kritik an dem Atomkonsens ist in vielen Punkten berechtigt – auch von der Anti-AKW-Bewegung.

Dem taz-Redakteur „hase“ habe ich die politische Gesamtsituation, in der dieser Kompromiss entstanden ist, dargelegt. Die Grünen regieren mit 6-Prozent-Anteil in Berlin. Die Atomunternehmer haben eine extrem kapitalmächtige Lobby. Die Anti-AKW-Bewegung steht zur Zeit nicht mit hunderttausenden Demonstranten auf der Straße. Die SPD hat kein besonders großes Interesse, den Atomausstieg zu betreiben. Die Wahlen in NRW haben die Grünen auch nicht gerade als Verhandler gestärkt. In dieser politischen Gemengelage ist aus meiner Sicht ein größerer Schritt in Richtung Atomausstieg nicht möglich gewesen. Es soll doch niemand sagen, Trittin hätte nicht alles versucht, das bestmögliche Ergebnis herauszuholen.

Dieses Ergebnis jetzt abzulehnen, bedeutet, die Koalition in Berlin aufzukündigen. Ja, und dann? Glaubt denn irgend jemand, dass der Ausstiegsschritt dann größer würde? Mit dem jetzt geschlossenen Ausstiegskonsens ist nur der erste Schritt gemacht. Wir fangen erst richtig an. Über Jahre hinweg werden wir den Ausstieg aus der Atomenergie begleiten müssen. An vielen Vertragspunkten wird der Kampf um die richtige Interpretation erst noch geführt werden müssen. Dafür wünsche ich mir eine starke Anti-AKW-Bewegung.

Klaus Möhle