kurzinterview

„Die Gefahr nicht herausfordern“

taz: Herr Welsch, Sie sind bei dem Unglück in Ramstein verletzt worden. Denken Sie noch oft daran?

Klaus Welsch: Ja, fast permanent. Ich habe aufgegeben, es vergessen zu wollen. Es ist zu stark in die Festplatte eingraviert.

Welche Schäden haben Sie davongetragen?

Zwanzig Prozent meiner Haut wurden verbrannt. Ich habe an beiden Händen Bewegungseinschränkungen, die bis in die Arme reichen. Wegen der Schmerzen muss ich ständig Kompressionshandschuhe tragen. Die Schmerzen sind seit 12 Jahren nicht besser geworden. Auch ein Fünftel der Haut meines Sohnes wurde verbrannt. Das brennende Kerosion floß über uns wie Wasser.

Waren Sie seitdem noch einmal auf Flugschauen?

Nein, ich kann den Lärm von Düsenjägern nicht mehr ertragen.

Erstmals seit Ramstein gibt es in Deutschland wieder einen Staffelflug: bei der ILA in Berlin. Was halten Sie davon?

Nichts. Denn auch das ist ein Risiko, selbst wenn keine Loopings geflogen werden.

Sollte es keine Formationsflüge mehr geben?

Nicht mehr im zivilen Raum. Aber im militärischen Bereich muss das wohl geübt werden. Da sind aber nur die Piloten gefährdet, nicht Tausende wie bei Flugschauen. Man soll die Gefahr nicht herausfordern.

Verstehen Sie es, wenn Leute zu Flugschauen gehen?

Wenn sie noch nicht die Erfahrung gemacht haben, wie es ist, wenn einem ein Flugzeug im wahrsten Sinne des Wortes auf den Kopf fällt, dann ja. Es ist trotzdem verwunderlich, wie wenig man aus Ramstein gelernt hat.

Klaus Welsch (52) war 1988 einer der 1000 Verletzten der Flugkatastrophe von Ramstein, bei der 70 Menschen starben. Vor dem Unglück war der Betriebswirt Geschäftsführer eines Verbandes. Wegen seiner Behinderungen hat er bis heute keine Arbeit gefunden.           GES