Das Feeling des Kalten Krieges

Die ehemalige Spionagestation auf dem Teufelsberg wird zu Luxuswohnungen mit Videoüberwachung und Zugangskontrollen umgebaut. Doch mögliche Käufer bleiben trotz Sektempfang vor Ort skeptisch. Kritiker müssen schon heute draußen bleiben

von CHRISTOPH RASCH

Applaus hallt von den holzvertäfelten Wänden und der niedrigen weißen Decke zurück. „Die beste Wohnlage Berlins“, „das beste Restaurant Deutschlands“, „das interessanteste Bauvorhaben der Welt“. Gert Baer geizt vor seinen rund 160 Zuhörern nicht mit Superlativen. Der geschäftsführende Gesellschafter der Universal International Consulting Company muss 100 Eigentumswohnungen an die Leute bringen, deren Limousinen an diesem Abend den Parkplatz auf dem ehemaligen militärischen Sperrgebiet säumen.

Auf der einstigen alliierten Abhöranlage am Charlottenburger Teufelsberg will die Universal ein Luxushotel, Gastronomie, ein Fitnesscenter und Wohnungen zum Quadratmeterpreis von 8.000 bis 15.000 Mark entstehen lassen. Am Dienstagabend nun waren potenzielle Käufer und Nutzer des 300 Millionen Mark teuren Projekts eingeladen, sich einen Überblick über die Anlage zu verschaffen, auf der zu Spitzenzeiten des Kalten Krieges rund 1.500 Menschen arbeiteten.

In der Kantine des einstigen Horchpostens steht das Modell des geplanten „Resorts Teufelberg“: Panoramavillen, Lofts, Bürogebäude, in der Mitte eine U-förmige Hotelanlage. Im Spätsommer ist Beginn des ersten von drei Bauabschnitten, und „wenn wir wie geplant in zwei Jahren fertig sein wollen, müssen wir uns ranhalten“, meint der Kölner Investor Gruhl & Partner.

Auch die fünf Radarkuppeln der Spionagestation werden als Appartements ausgebaut. Teile der 1992 von den Alliierten geräumten und vier Jahre später vom Land Berlin verkauften Anlage werden ganz abgerissen, um dann in Naturstein oder in Stahl-Glas-Kombinationen wieder zu erstehen. Damit, so eine Auflage des Senats, soll die geschichtsträchtige Silhouette erhalten bleiben. „Mit dem Image des Kalten Krieges spielen wir nicht. Wir sind uns aber der historischen Symbolkraft des Ortes bewusst“, sagt Hanfried Schütte, Geschäftsführer der Investorengemeinschaft Teufelsberg. Mit dem luxuriösen Mischkonzept wolle man „an die Geschichte anknüpfen“.

Doch die Meinungen der betuchten Gäste, von denen die wenigsten konkrete Kaufabsichten hegen, waren nicht gerade enthusiastisch. Ein Zehlendorfer Ehepaar, das die abendliche Aussicht von der Turmterasse – 200 Meter über der Stadt – genießt, will zunächst die erste Bauphase abwarten. „Wer weiß, ob man aus den fertigen Wohnungen immer noch diesen Ausblick hat.“

„Das Bauvorhaben an sich ist nicht gerade avantgardistisch“, urteilt ein 56-jähriger Architekt aus Hamburg, aber durch die Lage direkt über der Stadt entstehe eine Ausnahmesituation, „wie ein Bauernhof am Münchner Viktualienmarkt“.

„Letztlich entscheidet ein marktgerechtes Nutzungkonzept über den Erfolg“, meint der Berliner Immobilienhändler Hieronymus Graf von Dürckheim. „Das Zusammenspiel von Mensch, Stadt und Ökologie muss dabei mit berücksichtig werden. Als reine Profitmaschine funktioniert das Ganze nicht.“

Skepsis macht sich über dem Grunewald breit, da hilft auch der reichlich ausgeschenkte Sekt nicht. „Die Idylle der Natur erstreckt sich nicht gerade auf das Wohnareal“, findet eine 37-jährige Charlottenburgerin, „dafür kommt das Feeling des Kalten Krieges ganz gut rüber. Man fühlt sich ein wenig wie interniert.“ Denn die Luxuswohnenklave wird weitgehend abgeschottet. „Kontroll- und Streifengang im Außenbereich sowie Zugangskontrollen am Eingangstor und Videoüberwachung“, versprechen die Vermarkter.

Einen kleinen Vorgeschmack darauf gab es bereits am Dienstag. Sicherheitsleute und Polizisten kontrollierten die Zugänge auf das mit Stahltor und Stacheldraht gesicherte Gelände. Auch der grüne Landtagsabgeordnete Hartwig Berger und sein halbes Dutzend Mitstreiter vom Aktionsbündnis Teufelsberg, die an die Kaufinteressenten Flugblätter verteilen wollten, mussten draußen bleiben. Vor einem Jahr hatte der Senat den Landschaftsschutz für das Areal aufgehoben und die Klagen der Umweltverbände somit kaltgestellt.

Berger sieht dennoch eine breite Mehrheit hinter sich und das Bauprojekt mit einem „Pferdefuß“ behaftet: „Die Lage mitten auf einer Trümmer- und Mülldeponie.“ Den Investoren, so Berger, sei „dringend davon abzuraten, dieses Wagnis zu starten. Im Übrigen muss der neue Investor wissen, dass das Vorhaben in Berlin denkbar unpopulär und unbeliebt ist.“