Im Kongo-Krieg zerbröseln die alten Allianzen

Zwischen den Verbündeten der Rebellen im Kongo, Uganda und Ruanda, vertieft sich die Feindschaft. Beide suchen nun neue Freunde

KAMPALA taz ■ Die Feindschaft zwischen Uganda und Ruanda, die sich immer wieder in Kämpfen in der größten ostkongolesischen Stadt Kisangani äußert, erweist sich als äußerst beständig. Zwar vereinbarten die Präsidenten beider Länder am 14. Mai bei einem Treffen in Tansania, ihre in Kisangani stationierten Truppen um jeweils 100 Kilometer zurückzuziehen und UN-Beobachter in die Stadt zu lassen. Die Armeechefs von Uganda und Ruanda versuchen seitdem, die Modalitäten eines solchen Rückzugs auszuarbeiten. Doch in Kisangani selber sind die hohen Offiziere beider Seiten unwillig zusammenzutreffen. Schon im August 1999 hatten sich Ruanda und Uganda einen Krieg um Kisangani geliefert. Heute wird sogar von Truppenkonzentrationen direkt an der ruandisch-ugandischen Grenze berichtet.

Der anhaltende Streit zwischen den beiden Ländern könnte nun Veränderungen in den internationalen Bündnissen bewirken, die sich rund um den Kongo-Krieg gebildet haben. Seit Kriegsbeginn im Sommer 1998 unterstützen Uganda und Ruanda die Rebellen, die im Kongo gegen Präsident Laurent Kabila kämpfen – Uganda die „Kongolesische Befreiungsbewegung“ (MLC), Ruanda die „Kongolesische Sammlung für Demokratie“ (RCD). Kabila erhält Hilfe von Truppen aus Angola, Namibia und Simbabwe. Aber die Allianzen sind brüchig. Ugandas Regierung hat in letzter Zeit auf diplomatischem Wege versucht, Kabilas Verbündete zum Abzug ihrer Truppen aus dem Kongo zu bewegen.

Die ugandischen Bemühungen konzentrieren sich auf Angola, dessen Interesse am Kongo sich nach ugandischer Einschätzung darauf beschränkt, den angolanischen Unita-Rebellen ihre kongolesischen Rückzugsgebiete zu nehmen. Die meisten traditionellen Unita-Basen in den zentralkongolesischen Diamantenfördergebieten sind inzwischen in den Händen der RCD und damit der ruandischen Armee, und die meisten Unita-Kämpfer im Kongo sind zu Kabila übergelaufen. So könnte Angola jetzt ein Interesse haben, im Kongokrieg die Lager zu wechseln.

Beobachtern zufolge ist Angolas Regierung ohnehin unglücklich mit dem Kongo-Friedensabkommen, das im Juli 1999 in Sambias Hauptstadt Lusaka unterzeichnet wurde. Sie hält nämlich Sambia für einen Sympathisanten der Unita. Und Uganda sucht mit der Annäherung an Angola die kürzlich von der UNO erhobenen Vorwürfe zu entschärfen, es sei in den Diamantenschmuggel der Unita verwickelt.

Namibia, dessen Armee sich im Kongo blamiert hat und dessen Bevölkerung mit dem Krieg nichts zu tun haben will, ist mit seiner Position als Kabila-Verbündeter ebenfalls unzufrieden. Und auch die Regierung von Simbabwe, das in einer schweren Krise steckt, will im Kongo keine Risiken mehr eingehen.

So versucht Uganda, die durch den Kongo-Krieg entstandene Feindschaft mit diesen drei Ländern zu überwinden. Dies ist auch für Ugandas Präsident Yoweri Museveni wichtig, der am 24. Juni eine Volksabstimmung über die Zukunft des ugandischen politischen Systems abhalten lässt und nächstes Jahr bei Wahlen kandideren möchte.

Diese Strategie bedeutet für Museveni den offenen Bruch mit Ruanda. Als Ruandas neuer Präsident Paul Kagame, bisher Vizepräsident, im April feierlich in sein Amt eingeführt wurde, fuhr Museveni nicht hin, sondern reiste zu einem Gipfeltreffen nach Simbabwe.

Die einzigen Staatschefs aus der Region, die Kagames Inauguration beiwohnten, waren Benjamin Mkapa aus Tansania und Frederick Chiluba aus Sambia. Dies war kein Zufall: In Reaktion auf die neue ugandische Diplomatie wendet sich Ruanda diesen Ländern sowie Kenia zu. Am 13. Mai kam Kenias Präsident Daniel arap Moi völlig überraschend zu Besuch nach Ruanda – zum ersten Mal seit 1984 und nach mehrfachen Ablehnungen früherer Einladungen. Er sagte, er sei gekommen, um Solidarität mit Ruandas neuer Regierung zu zeigen.

Je mehr solche Dinge passieren, desto unglaubwürdiger wird die offizielle Linie der Regierungen Ugandas und Ruandas über ihren Streit im Kongo. Beide sagen, der Streit sei nur auf Fehler einzelner Armeeoffiziere zurückzuführen, und auf Regierungsebene gebe es keine Differenzen. Das stimmt insoweit, als die Führungen beider Armeen kaum kontrollieren, was ihre tief im Kongo stehenden Truppen eigentlich machen. Aber dies wiederum zeigt, dass die Regierungen Ugandas und Ruandas überhaupt Schwierigkeiten haben, die Komplexitäten der inneren Krise des Kongo und die Auswirkungen ihrer Truppenentsendungen zu verstehen. LEVI OCHIENG