Der Makler wusste von nichts

Man log und betrog: Trotzdem kommt ein in den Betrugsskandal um die bayerische HypoVereinsbank verstrickter Immobilienhändler vor Gericht davon

BERLIN taz ■ Während die bayerische HypoVereinsbank mit Sprüchen wirbt wie: „Leben Sie. Wir kümmern uns um die Details“, kümmert sich die Münchner Staatsanwaltschaft um die Vergangenheit des Kreditinstitutes. Während gegen den einstigen Hypobank-Chef Martini und eine Reihe von Managern wegen Untreue, Bilanzfälschung und Betrug bei Immobiliengeschäften ermittelt wird, ist es für geschädigte Investoren gar nicht einfach, Schadensersatzansprüche durchzusetzen.

Mit seiner Zivilklage scheiterte jetzt der deutsch-chinesische Publizist Xing-Hu Kuo vor dem Landgericht München. Kuo, der über seine Erfahrungen ein Buch geschrieben hat, wollte von einem mit der Hypobank verbandelten Makler 28.000 Mark Provision zurückerstattet bekommen. Bislang ohne Erfolg – das Gericht lehnte ab. Nun überlegt Kuo, die Bank selbst zu verklagen.

Betrug – das betraf bundesweit mehrere zehntausend Kleinanleger und funktionierte nach folgendem Muster: Mit Hilfe von Maklern warb die Hypobank Käufer für überteuerte Eigentumswohnungen, die sie dann vollständig vorfinanzierte. Der Bank brachte das überhöhte Zins- und Tilgungszahlungen ein, den Maklern überhöhte Provisionen.

Kuo lebte bei Stuttgart, als ihm 1990 von einem Makler der Erwerb eines Supermarktes in einem bayerischen Ort bei Passau angepriesen wurde. Eigentlich hatte er kein Interesse. Doch Makler und Hypobanker suchten ihn zu Hause auf; die Hypobank bot an, den Kauf zu finanzieren, und zusätzlich präsentierte man einen Mieter: den damaligen Eigentümer des Gebäudes.

Kuo wurde damit beruhigt, alles laufe von allein, seinen Tilgungszahlungen von 6.000 Mark monatlich an die Bank stünden Mieteinnahmen von 7.000 Mark gegenüber. Schließlich unterzeichnete er den Kaufvertrag. Der Mieter des Supermarkts zahlte jedoch keine Miete. Als Kuo klagte, leistete jener einen Offenbarungseid. Um die gnadenlos weiterlaufenden Tilgungszahlungen an die Hypobank leisten zu können, musste Kuo seine Lebensversicherung verkaufen und sich eine kleinere Wohnung nehmen. Dann versuchte er selber einen Mieter für den Supermarkt zu finden. Dabei wandte er sich an die Lebensmittelkette Edeka – und nun begann sich die Sache als Kriminalfall zu entpuppen.

Edeka war nämlich der letzte Mieter des Ladens gewesen und hatte beim Auszug mit dem verschuldeten Eigentümer einen Vertrag geschlossen, dass das Haus aus Konkurrenzschutzgründen fünf Jahre lang nicht als Supermarkt benutzt werden darf. 110.000 Mark ließ sich Edeka diesen Vertrag kosten. Heute ist klar, dass die Hypobank sowohl von dem Vertrag als auch von den Schulden des Eigentümers und späteren Mieters wusste. Die Bank hatte auch die 110.000 Mark Abfindung als Schulddeckung einbehalten. Das räumte die Bank auf Nachfragen ein.

Dieses Eingeständnis der Hypobank nützte dem geschädigten Kuo vor dem Gericht erstaunlicherweise nichts. Der Richter fand, der Kläger habe nicht nachweisen können, dass der Makler von den Schulden des vorherigen Ladenbesitzers gewusst habe.

Das aggressive Vorgehen der Hypobank begann mit dem Ende der DDR. Baufirmen bauten vielfach ohne Bedarf Büro- und Wohnhäuser, die dann von den Banken an Kleinanleger in Immobilienfonds weiterverkauft wurden. THOMAS MOSER

Xing-Hu Kuo: „Hypo-Bank: Ihr(e) Ruin(e) voll finanziert“, Anita Tykve Verlag, Berlin 2000