Soundcheck

Gehört: Surrogat Die Berliner bekommen zurzeit die gleichen Komplimente wie AC/DC für deren neue Platte Das stört nicht. Nervig ist allerdings der manchmal am selben Ort unternommene Versuch Surrogat als eine Art Gegenwunderwaffe in Anschlag zu bringen: Blumfeld hätten neuerdings ja das Politische und den Staat zu sehr in den Hintergrund treten lassen. Da kämen die Radikalinskis gerade recht, weil sie schließlich singen: „Alles muss zerstört werden.“ Oder, wie sie es im Konzert im Molotow zugerufen bekamen: „Wand eindrücken.“ Surrogat waren am Donnerstagabend eine Band, die das große Aufbegehren mitten durch sich durch fuhrwerken ließ. Ihre eigene Energie erlebten sie wie sehr junge Menschen ihre Gefühle, wenn sie zum ersten Mal auf einen Abenteuerspielplatz kommen. Wie ein Trio aus Leuten, die von ihrem Enthusiasmus so leben, wie andere von ihrer Substanz. Da passt es, dass jede Äußerung des Sängers Patrick Wagner gleichzeitig lustig, überzogen, nicht so gemeint und wahr ist: „Wir sind die größte Band der Welt. Aber wir schaffen es nicht, Gitarre und Bass so zu kreuzen wie die Sternenkämpfer mit ihren Lichtschwertern. Diesen Trick können wir nicht zeigen und deshalb stimmt auch dieses Lied: wir sind wir. – Gott, bringt das Bock.“ Patrick Wagner ist seit einigen Jahren in der Laune seines Lebens, und es bekommen immer mehr Leute Lust, ihm die zu gönnen. In seinen Lyrics bringt er zum Ausdruck, dass das Soziale die Härte ist. Surrogats Musik ist aber gefüllt mit Freude und Freude an der Freude. Die Rockgruppe spielt mittlerweile, als wäre Chic ihre Lieblingsband. Wenn sie nach dem Ausfall eines Instruments den Funk entdecken, sagt Wagner, nach glücklich nach Hause gebrachtem Stück: „Mir ist gerade aufgefallen, dass das auch ohne meine Gitarre geht.“ Surrogat legen überall noch ein Hantelgewicht drauf. Bei denen ist das nicht Rock, bei denen ist das Stil. Sie machen es nicht jeden Tag neu sondern sie machen es unwiderstehlich. Sie kreuzen zwar nicht die Instrumente, aber dafür jonglieren sie mit Hantelgewichten.

Kristof Schreuf

Heute: Antonelli Electr. Kaum jemand hat in den letzten Jahren den Track so konsequent zum Song zurückgetrieben wie Stefan Schwander aka Antonelli Electr. Die Vocoderstimme seines Dancefloor-Hits „I don't want nobody else but you“ erinnert, wenn sie zuerst mehrfach nur die ersten drei oder dreieinhalb Worte des Satzes spricht, an eine längst vergessene Verweigerungshaltung des Pop. Mit der Compilation Me, the Disco Machine verortete sich der Düsseldorfer letzten Oktober lässig zwischen NDW, Synthiepop, Technominimalismus, House und Dub. Keines der Stücke zitiert Kraftwerk, ohne zugleich ein groovy Statement gegen deren Strenge zu sein. Heute stellt Schwander im Westwerk sein neue EP Composure vor. Die Disco-Machine, das Metallpult für den Sequenzer mit den drei intergrierten Discolämpchen sind ein absolutes Muss.

Christiane Müller-Lobeck

23 Uhr, Westwerk