der polizist, der richter und die mörderin
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von RALF SOTSCHECK

Am Ende hat man sie doch des Mordes an ihrem Ehemann schuldig gesprochen. Aber der Prozess war so unterhaltsam, dass die Iren jedem neuen Verhandlungstag entgegenfieberten. Schließlich ging es um jede Menge sex and crime.

Die 48-jährige Catherine Nevin hat vor vier Jahren ihren Mann Tom umgebracht. Sie musste es selbst tun, weil alle Leute, die sie gebeten hatte es für sie zu erledigen, abgelehnt hatten. Sie hatte viele Leute gefragt, darunter einen Kleinkriminellen und zwei IRA-Männer, deren Telefonnummern sie säuberlich notiert hatte, so dass die Polizei sie bei der Hausdurchsuchung fand. Erstaunlicherweise willigten die drei ein, vor Gericht auszusagen – mit Genehmigung der IRA-Führung.

Ihren Aussagen nach hatte Catherine Nevin ihnen unabhängig voneinander über Jahre in den Ohren gelegen, dass die IRA endlich ihren Mann beseitigen möge. Es sollte wie ein Raubüberfall aussehen, die Täter sollten sich mit den Wochenendeinnahmen von Jack White’s Inn, der Kneipe des Ehepaars Nevin bei Arklow südlich von Dublin, aus dem Staub machen. Das Lokal lief gut, umgerechnet 50.000 Mark würden herausspringen. Die IRA-Führung untersagte den Mord nicht nur, sondern erklärte, sie würde ihn zu verhindern wissen. Nun, das war ein Irrtum.

Der dritte Mann, William McClean, ein Kleinkrimineller, räumte ein, dass er „zwei oder drei Vorstrafen“ habe, aber er wisse nicht genau, wofür: „Zwei waren, glaube ich, wegen Betruges, und die dritte war, glaube ich, auch wegen Betruges. Die Richter nannten es Veruntreuung, ich weiß jedoch nicht, was das ist. Aber im Knast war ich nie, das weiß ich genau.“ Und auch, dass er Tom Nevin nicht umgebracht hatte.

Keiner der drei hatte die Polizei verständigt, weil die Nevins ein gutes Verhältnis zu den Beamten hatten und man eine Falle witterte. Wie gut das Verhältnis vor allem von Catherine Nevin zu den Beamten war, kam vor Gericht heraus. Inspektor Tom Kennedy ging in der Kneipe ein und aus. Er habe ihr des öfteren Medizin gebracht, sagte er, und sich zu ihr aufs Bett gesetzt. Dabei muss er manchmal unter die Decke gerutscht sein, meinte eine Barfrau: „Er hatte obenrum nichts an, als ich Frau Nevin das Telefon brachte.“ Und untenrum? „Das konnte ich nicht sehen, weil er mit ihr unter der Bettdecke lag.“

Dann war da noch der ehrenwerte Richter Donnchadh O Buachalla. Jack White’s Inn war auch seine zweite Heimat, er legte sich dort nach durchzechter Nacht bisweilen ein paar Stunden aufs Ohr, duschte kurz und fuhr zur Familie nach Hause. Diesen Brauch behielt er auch nach Tom Nevins Tod bei. Der Richter kümmerte sich rührend um Catherine Nevin. Zwei Monate, nachdem sie wegen Mordes angeklagt worden war, überschrieb O Buachalla die Kneipe auf ihren Namen. Wenige Stunden später wäre die Lizenz abgelaufen, als Mörderin hätte sie kaum eine neue bekommen, und der Richter hätte woanders duschen müssen. Damit die ungewöhnliche Lizenzvergabe nicht an die große Glocke gehängt werden konnte, führte O Buachalla die Verhandlung entgegen allen Gepflogenheiten unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Jetzt muss sich der Tröster mörderischer Witwen selbst vor Gericht verantworten.