Blaumeiers kleine Schwester ...

■ ... sitzt in Oldenburg: Blauschimmel feiert mit vielen Veranstaltungen Geburtstag

„Sind Sie vom Radio?“, fragt Ingo Sebastiany neugierig in mein Mikrofon. „Ich war nämlich schon beim Hessischen Rundfunk, im Radio und im Fernsehen.“ Bei so viel Medienerfahrung kann natürlich eine taz-Kulturreporterin nicht mehr schocken. Denn Ingo ist mit dem Stück „Anders Reisen“ des Blauschimmel-Ensembles schon viel herumgekommen.

Ingo ist Zeitungsausträger. Bei „Kiek In“ – einer Freizeitstätte der Lebenshilfe – hat er vor zwei Jahren vom Blauschimmel-Atelier erfahren. „Da male ich auch und geh' den Mitarbeitern auf den Keks“, kokettiert der 35-Jährige. Ingos Bilder und die Gemälde anderer UserInnen des Blauschimmel-Ateliers werden derzeit vorgestellt. Während der „Blauen Tage“ anlässlich des zweiten Geburtstages von Blauschimmel sind sie noch bis zum 14. Mai im Foyer der Kulturetage zu sehen. Ein kleiner Ausstellungspavillon informiert außerdem über alle Aktivitäten des Ateliers, die sich mit ihrer Arbeit präsentieren; unter anderem am Tag der offenen Tür (Samstag, 6. Mai) laden offene Ateliers zum Schnuppern und zum Mitmachen ein.

Die große Schwester aus Bremen war bei den „Blauen Tagen“ bereits zu Gast: Blaumeier spielte seinen „Grindkopf“ zum Auftakt am Dienstag. „Wir wollen die Idee der blauen Kunst stärker in der Stadt bekannt machen und uns mit anderen vernetzen“, betont Johanne Eisenberg, eine von zehn ehrenamtlichen MitarbeiterInnen. Denn das Blauschimmel-Atelier lebt von der Solidarität vieler Vereine, Verbände und Einzelpersonen und wird nur begrenzt institutionell unterstützt.

Kooperationspartner wie etwa die Kulturetage bieten also den „Blauen Tagen“ räumliche Hilfe, das Behindertenreferat der Uni Oldenburg auch finanzielle, und Tim Schomaker, Behindertenbeauftragter des Gesundheitsamtes, wird an einem blauen Donnerstag über „Die etwas andere sexuelle Befreiung“ von Menschen mit Behinderungen sprechen (4. Mai, 19 Uhr, Kulturzentrum PFL, Peterstr.).

Sozialdezernentin Maria Niggemann zeigte sich sodann auch „erfreut, dass sich Blauschimmel hier in Oldenburg niedergelassen hat“. Sympathie also, auch Anerkennung. Nichtsdestotrotz bleibt die finanzielle Situation des Ateliers schwierig. Bewilligtes Geld der Stadt liegt auf Eis, da die Bezirksregierung den städtischen Haushalt gesperrt hat. Damit liegt auch das Blauschimmel-Geld brach. Drei Stellen laufen noch in diesem Jahr aus. Eine halbe Stelle wird über Einnahmen finanziert.

Um die zu beschaffen, lassen sich die MitarbeiterInnen einiges einfallen: KünstlerInnen der Region wurden gebeten, Bilder zu schenken, die am 13. Mai auf einer Kunstaktion versteigert werden. Und Handwerker braucht Blauschimmel offenbar auch nicht zu bezahlen: „Ich hab' schließlich 'nen Elektrolehrgang und 'nen Tischlerlehrgang mitgemacht“, meldet sich Ingo noch mal ins Mikrofon zurück. Marijke Gerwin