Der echteste Patriot

Pham Van Dong, Vietnams legendärer Premierminister, ist tot. Der Hardliner gilt als einer der „Väter des Sieges“ im Krieg gegen die USA

„Mein Vater hat immer an die Sache geglaubt. Er hat nie aufgegeben und war nie verzweifelt.“ So beschrieb der Sohn Pham Van Dongs den früheren vietnamesischen Premierminister, der am 29. April im Alter von 94 Jahren gestorben ist. Amerikanische Journalisten erinnern sich bis heute an seine unerschütterliche Sicherheit, mit der er den Sieg seines Landes voraussagte – egal zu welchem Preis: „Und wie lange wollt ihr Amerikaner kämpfen? Ein Jahr? Zwei Jahre? Fünf Jahre? Zehn Jahre? Zwanzig Jahre? Das könnt ihr haben.“ Als Nordvietnams Panzer am 30. April 1975 vor den Präsidentenpalast in Saigon rollten, erfüllte sich die Prophezeiung. Die Feiern zum 25. Jahrestag dieses Sieges konnte er allerdings nicht mehr erleben.

1973 hatte Dong, der damals bereits zwanzig Jahre als Premierminister Nordvietnams gedient hatte, den Waffenstillstand mit Washington akzeptiert. Er tat es widerwillig und nur auf Druck der Sowjetunion, des wichtigsten Verbündeten Hanois. Dong gehörte zu den vietnamesischen Politikern, die das Schicksal ihres Landes entscheidend prägten: Seine politische Karriere begann bereits in frühester Jugend. Nachdem er sich 1925 an einem Studentenstreik in der Hauptstadt Hanoi beteiligte, entging er der Verhaftung durch die damalige französische Kolonialregierung nur durch die Flucht nach China.

Dort traf Dong auf den Mann, der später als Vater der vietnamesischen Revolution berühmt werden sollte: Ho Chi Minh organisierte damals heimlich den Widerstand gegen die Franzosen. In Hos „Vietnamesischem Revolutionären Jugendverband“ studierte er die Prinzipien des Marxismus und Leninismus. „Patriot in meinem Land zu sein“, erklärte Dong viele Jahre später, „heißt, den Sozialismus zu lieben. Und der echteste Patriot ist der Kommunist.“ Unter der ersten Generation der kommunistischen Politiker galt Dong stets als „erster Neffe Ho Chi Minhs“.

1929 kehrte Dong nach Vietnam zurück, um die Kommunistische Partei im Untergrund zu organisieren. Doch schon bald wurde er verhaftet. Die nächsten sieben Jahre verbrachte er auf der berüchtigten Gefangeneninsel Puolo Condore. Nach dem Sieg gegen die Franzosen im Jahr 1954 wurde Dong Premierminister Nordvietnams. Diesen Posten behielt er auch nach der Wiedervereinigung im Jahr 1976. Erst elf Jahre später gab er dieses Amt auf.

Von der Macht wollte er sich dennoch nicht verabschieden: Stattdessen erhielt er den Titel „Berater der Regierung“. In öffentlichen Reden und Zeitungsartikeln warnte er vor den Gefahren einer wirtschaftlichen Öffnung und politischen Reform.

JUTTA LIETSCH