Bremen ist überall

■ Wo es Beck's nicht gibt, da gibt es Bremen / In Peru wird das Bier „Bremen“ verkauft / Doch auch die Stadt ist ein Begriff

In der peruanischen Inka-Hauptstadt Cusco ist Bremen direkt an der Plaza de Armas im Zentrum der Stadt. Auch in der Hauptstadt Lima ist Bremen an jeder besseren Ecke zu finden. Und sogar in kleineren Dörfern des Altiplano findet man mit etwas Glück die Hansestadt: Meist weist eine Neonschrift in Rot oder Blau den Weg. Eines der verschiedenen alkoholhaltigen Malzgetränke der Großbrauerei „Union de Cervecerias Peruanas Backus & Johnston S.A.“ trägt den schlichten Namen der norddeutschen Hansestadt: „Bremen“, auf spanisch sprich „wrämen“.

Die Traditionsbrauerei Backus & Johnston, die seit dem 17. Januar 1879 in Peru ihr Bier braut und damit die zweitälteste des Landes ist, hat mit der Namenswahl des recht neuen Gesöffs natürlich genau ins Schwarze getroffen. Nicht nur, dass sich jetzt die Bremer endlich wieder einmal in der weiten Welt gelobhuldigt sehen können. Auch marketingstrategisch ist der Name für Peru nicht schlecht gewählt. Schließlich kennt in dem Andenland fast jeder potentielle Biertrinker den Namen der Hansestadt.

Das liegt weniger an unserer heimischen Landbrauerei und deren weltweitem Erfolg: In Lateinamerika nämlich ist Beck's gar nicht so leicht zu finden. Weil die Kaufkraft im nördlichen Amerika deutlich interessanter ist als im armen Süd-amerika, verzichtet der Kapitän des grünen Schiffs darauf, viele Flaschen Richtung Panama-Kanal zu bringen. Nein, die gute Idee liegt woanders.

Volks-sport in Peru ist nämlich Fußball. Volksheld in der peruani-schen Nationalmann-schaft ist Claudio Pizarro. Und der spielt bei Werder Bremen. Hansestädter, die in Peru erklären müssen, wo genau in Deutschland sie wohnen, müssen nur Pizarros Namen nennen. „Ahh, Ouerde Wrämen“ schallt es in der Regel sofort zurück. Dann muss man nur noch erklären, dass die Stadt „Wrämen“ ohne „Ouerde“ heißt. Und jeder weiß Bescheid. Mit Glück wird man sogar zum Bier eingeladen.

Dann allerdings, man muss es zugeben, bekommt man eher ein „Cristal“, „Callao“ oder „Cusquena“ auf den Tisch, Letzteres übrigens von der Brauerei „Rosto-cker“. Bremen verkauft sich noch nicht so gut, weil es teurer ist. Ein Luxus-Bier. Die „Bremen“-Brauerei ist ohnehin nicht besonders glücklich mit dem Biermarkt. Letztes Jahr hat die Regierung die Biersteuer um sechs Prozent angehoben, die handlichen 620 Milliliter-Flaschen wurden um 1,7 Prozent teurer.

Aber die Brauerei ist potent und will, genau wie der hiesige Senat, aus „Bremen“ zwanghaft einen Erfolg machen. In den letzten Jahren jedenfalls kaufte die Unternehmensführung strategisch wichtige Konkurrenten in Peru auf. Inzwischen exportiert Backus & Johnston seine verschiedenen Biersorten in die U.S.A., nach Japan und natürlich in andere lateinamerikanische Länder. „Bremen“ zum Beispiel wurde vor kurzem auf dem kolumbianischen Markt eingeführt.

Ob „Bremen“ langfristig auf dem peruanischen Markt bestehen kann, ist aber ungewiss. Zwar können die sechs Brauereien von Backus & Johnston im Jahr immerhin 10,5 Millionen Hektoliter Bier im Jahr brauen (zum Vergleich: in Bremen werden pro Jahr fünf Millionen Hektoliter Beck's gebraut, davon die Hälfte für den Export); das Nationalgetränk neben der berüchtigten „Inka-Cola“ aber ist die meist in Haushalten hergestellte „Chicha“. Das suppige Malzgetränk erinnert fern an Bier, zumindest turnt es ähnlich ob des Alkoholgehaltes. Die Gärung des Malzes wird nach dem Maisstampfen traditionell dadurch ausgelöst, indem eine alte Frau in den Brei spuckt, wird unter Touristen oft und gerne kolportiert. Genossen mit dem Traditionsessen „Cuy“ (Meerschweinchenbraten) ist die peruanische Küche ein sicheres Abo für Darmfloraprobleme – zumindest für Ausländer. Auf Nummer sicher gehen nur die Biertrinker.

Wenn Beck's irgendwann doch noch den lateinamerikanischen Markt erobern will, täte die Firma natürlich gut daran, den Fußballer Claudio Pizarro einzukaufen und marketingmäßig unschädlich zu machen, indem man ihn den Bayern schenkt. In Peru wurde Bremen wieder der totalen Vergessenheit anheimfallen. Der Umsatz von „Bremen“ würde sinken. Der Markt wäre frei.

Christoph Dowe