Neuer Zoff um Green Card

Weil Arbeitsminister Riester (SPD) nur ausgewählten Hochschulabsolventen das Computer-Visum erteilen will, kracht es in der Regierung

BERLIN taz ■ Die Green-Card-Initiative des Kanzlers sorgt für eine Menge Zündstoff: Die Hoffnung der Grünen, mit den dringend benötigten Computerfachleuten möge in Deutschland auch ein neues Zeitalter der Zuwanderungspolitik beginnen, droht am Widerstand der Sozialdemokraten zu scheitern. Während auch die Wirtschaft darüber lamentiert, dass der Entwurf des Arbeitsministeriums „unbrauchbar“ sei, fürchten die Genossen an Rhein und Ruhr, dass die neue Einwanderungsdiskussion sie bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai eine Menge Stimmen kosten könnte.

Und selbst die Sozialdemokraten in der Bundesregierung finden keine Einigung über die Frage, wie großzügig oder restriktiv die Regelungen für die IT-Experten nun ausfallen sollen. Der Bericht der Financial Times Deutschland wird dementiert, wonach Bundeskanzler Gerhard Schörder den restriktiven Entwurf von Arbeitsminister Walter Riester gestoppt habe und Staatsminister Hans Martin Bury – der schon bei der Holzmann-Sanierung den Vorreiter spielte – nun dafür sorgen solle, dass die Verordnung weniger bürokratisch und flexibler werde. Alles war angeblich doch ganz anders.

Schröder wolle mit weiteren Gesprächen „sicherstellen, dass es eine unbürokratische, praxisorientierte und flexible Regelung gibt“, hatte Krisenmann Bury der Zeitung gesagt. Doch nur wenige Stunden später ließ der Staatssekretär klarstellen: „Die Vorarbeiten der zuständigen Ressorts des Bundesinnenministeriums für Arbeit und des Bundesministeriums des Innern für die Green-Card-Verordnung liegen voll im Zeitplan und sind eine gute Voraussetzung für ein zügiges Inkrafttreten der notwendigen Regelungen zur Anwerbung ausländischer Spezialisten.“ Dies habe der Bundeskanzler auf der Kabinettssitzung am Mittwoch festgestellt und die rasche Umsetzung der Initiative durch den Bundesarbeitsminister ausVersuch, einen Konflikt zwischen Bundeskanzleramt und dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Walter Riester, zu konstruieren, entbehrt jeglicher Grundlage“, heißt es.

Offensichtlich hat Bury sich mit seinem Vorstoß einigen Ärger eingehandelt. Aus SPD-Kreisen war zu hören, der Kanzler „sei stocksauer über die Äußerungen seines Staatsministers“.

Teilt Schröder also doch die Linie seines Arbeitsministers, eine Regelung für EDV-Gastarbeiter zu organisieren, statt einer weit reichenden Aufenthaltsperspektive für auf dem internationalen Arbeitsmarkt heiß umworbene Experten zu schaffen?

Wieso aber ist das Bundeswirtschaftsministerium sich dann so sicher, dass die von Arbeitsminister Riester vorgelegte Green-Card-Verordnung doch noch nachgebessert werden soll? Dort rechnet man damit, dass die für die Arbeitserlaubnis notwendige Qualifikation nicht so streng geregelt wird, wie Riester es mit den Hochschulabschlüssen fordert. Sucht jetzt Wirtschaftsminister Werner Müller den Krach mit dem Kanzler, oder hat Bury für Schröder doch nur einen Testballon gestartet?

KARIN NINK