Stasi-Berichte im Hinterkopf

Der Untersuchungsausschuss zur Spendenaffäre wird die Abhörprotokolle nicht als Beweise verwenden – aber „an dem einen oder anderen Punkt nachfragen“

BERLIN taz ■ Von der Stasi mitgeschnittene Telefongespräche des Ex-CDU-Generalbevollmächtigen Uwe Lüthje werden vom Untersuchungsausschuss des Bundestages nicht als Beweismaterial genutzt. „Wir werden auf keinen Fall die Abhörprotokolle beiziehen“, sagte Ausschussvorsitzender Volker Neumann der taz.

Illegale Mitschnitte dürften in einem rechtsstaatlichen Verfahren nicht verwendet werden. So sei auch im Barschel-Untersuchungsausschuss verfahren worden. Neumann schloss aber nicht aus, dass „zu dem einen oder anderen Punkt nachgefragt“ werde, ohne die Unterlagen als Beweise zu verwenden: „Man kann entsprechende Artikel ja nicht aus dem Kopf streichen.“ Der Tagesspiegel hatte gestern aus angeblichen Stasi-Abhörprotokollen von Telefonaten Lüthjes in den 70er-und 80er-Jahren zitiert.

Dort heißt es unter anderem in einem „streng vertraulichen“ Hinweis der DDR-Funkabwehr vom Juni 1980, „dass die CDU bei einer Bank in der Schweiz über ein Konto verfügt, aus dem offensichtlich über Deckadressen Gelder aus der BRD für die CDU eingezahlt werden können“. 1980 sollen die Lauscher gehört haben, wie Lüthje einem spendenwilligen Unternehmer empfahl, das Geld nicht direkt an die CDU zu überweisen, „da es sonst im Rechenschaftsbericht ausgewiesen werden müsste.“

Neumann zeigte sich über die Protokolle nicht überrascht. Er habe geahnt, dass die Stasi westdeutsche Politiker und ihr Umfeld abgehört habe. Die nun veröffentlichten Protokolle gäben „keine Hinweise“ auf den aktuellen Finanzskandal der CDU. Schließlich endeten die zitierten Protokolle 1980. „Wir warten auf weitere Artikel“, sagte Neumann, der überzeugt ist, dass die Stasi auch nach 1980 bedeutende Politiker und ihr Umfeld belauschte.

Altkanzler Helmut Kohl hat die Veröffentlichung des Stasi-Materials als „Tiefpunkt der Verleumdungskampagne“ bezeichnet. Über seine Anwälte ließ er erklären, die Erkenntnisse seien mit „rechtswidrigen und oft mit verbrecherischen Mitteln“ gewonnen worden. Nun würden sie „von interessierten Kreisen“ benutzt, „um Herrn Dr. Helmut Kohl zu schaden“. KARIN NINK