Mit 6 Krimis um die Welt

Entschlossen setzt der Unionsverlag auf Globalisierung. Die neue „Metro“-Reihepräsentiert andere Milieus als die bekannten Anwaltskanzleien und Psychopraxen

Es herrscht ein Kommen und Gehen auf dem Krimimarkt. Alte Reihen werden geschlossen, neue Serien begründet. Trotz Titelüberproduktion lebt das Genre, wie sich also zum Glück feststellen lässt, munter weiter.

Nach der Gründung der Reihe Dumont Noir im Kölner Dumont-Verlag hat sich nun der Züricher Unionsverlag entschlossen, sein Krimiprogramm zu erweitern: Die neue herausgebrachte Taschenbuchserie „Metro“ setzt auf Globalisierung und präsentiert Krimis aus den unterschiedlichsten Metropolen der Erde.

Nicht bloß London und Los Angeles werden abgefrühstückt, auch exotischere Schauplätze wie Bangkok, Hongkong und Chukchi (eine 2.500-Seelen-„Metropole“ in Alaska) kommen zu Ehren. Da die üblichen Bestsellerautoren zu teuer für so ein Projekt sind, werden unbekannte Namen präsentiert. Das ist gut, denn wenn das Genre die nächsten zehn Jahre im Kampf gegen die international nivellierte Bestsellerschreibe überstehen soll, dann mit Autoren, die andere Milieus kennen als Anwaltskanzleien und Psychopraxen.

Auf ein bestimmtes Subgenre kann man die Bücher der ersten „Metro“-Staffel nicht festlegen. Da wäre der desillusionierte Polizeiroman französischer Provenienz: Jean-Claude Izzos „Total Cheops“ erzählt von einem Polizisten, der die Morde an zwei Jugendfreunden aufklären will und in eine rechtsradikale Verschwörung gerät. Oder der jugendkultige Pop-Thriller: In Helen Zahavis „Donna und der Fettsack“ legt sich ein Streetgirl aus London mit einem abgefeimten Kredithai an, weil der ihren Lover bedroht.

Auch ein harter Verbrecherroman ist dabei, und zwar von Walter Mosley, den der Erfolg seiner Easy-Rawlins-Serie nicht davon abgehalten hat, mit „Socrates in Watts“ einen Underdog-Krimi zu schreiben, in dem es um einen Mörder geht, der nach 27 Jahren Knast in die brutale Umgebung eines Slums im Süden von Los Angeles entlassen wird.

Dann hätten wir (in Christopher G. Moores „Haus der Geister“) noch einen Privatdetektiv, den es von Brooklyn nach Bangkok verschlägt, und schon geht's nach Hongkong, wo Rebecca Bradley und Stewart Sloan die Beamten der Mordkommission in den einst abgeriegelten lasterhaften Bezirk Kowloon schicken.

Das spannendste Setting liefert Stan Jones mit „Weißer Himmel, schwarzes Eis“: Ein Alaska State Trooper kommt einem norwegischen Kupferkonzern in die Quere.

Tatsächlich „welt/um/spannend“ (so das etwas komplizierte Verlagsmotto) also, diese neue Reihe. Falls das Konzept durchgehalten wird, dürfen wir wohl auf interessante kriminalliterarische Trips nach Südamerika, Afrika und Australien hoffen. Wäre schön, wenn auch Europa weiterhin mit von der Partie wäre, denn dieser Alte Kontinent scheint noch immer fruchtbaren Nährboden für das gute alte Raubrittertum zu bieten.

Man denke nur an die Annektierung des Kosovo durch die Nato, die Etablierung einer Geheimdienstdiktatur in Moskau oder die Eroberung der EU durch krawattenlose Salonfaschisten aus Österreich. ROBERT BRACK

„Metro“-Krimis im Unionsverlag: Jean-Claude Izzo: „Total Cheops“. Aus dem Französischen von Katarina Grän und Ronald Voullié. 251 S., 16,90 DM Helen Zahavi: „Donna und der Fettsack“. Aus dem Englischen von Anke Caroline Burger. 253 S., 16,90 DM Walter Mosley: „Socrates in Watts“. Aus dem Amerikanischen von Pieke Biermann. 254 S., 16,90 DM Stan Jones: „Weißer Himmel, schwarzes Eis“. Aus dem Amerikanischen von Dirk Löwenberg. 250 S., 16,90 DM Christopher G. Moore: „Haus der Geister“. Aus dem Englischen von Götz Burghardt. 314 S., 19,90 DM Rebecca Bradley/Stewart Sloan: „Temutma“. Aus dem Englischen von Jürgen Bürger, 319 S., 18,90 DM