Verkaufsstopp für Giftspritzen

Die Zulassungen für mehrere TPT-haltige Pflanzenschutzmittel sollen ruhen, weil sie Tiere hormonell beeinflussen können. Kartoffelmittel sollte als ökologisch unbedenklich auf die Positivliste der EU genommen werden. Anhörung bei Trittin

von MAIKE RADEMAKER

Weil sie eine hormonverändernde Wirkung haben, sind die Zulassungen für Pflanzenschutzmittel, die zinnorganische Verbindungen enthalten, widerrufen worden. Diese Anordnung gab die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) in Braunschweig am Dienstagabend heraus. Betroffen davon sind das Kartoffelfungizid „Brestan flüssig“, das Bauern zum Schutz gegen die Kraut-und Knollenfäule der Kartoffel einsetzen, und drei weitere Pflanzenschutzmittel.

Anlass für diese Anordnung sind Ergebnisse einer Untersuchung, die das Umweltbundesamt in Auftrag gegeben hatte. Die Details der intern als „Zittau-Studie“ bekannte Arbeit des Organozinn-Experten Jörg Oehlmann von der Hochschule Zittau werden allerdings vollständig erst am kommenden Montag bei einer Expertenanhörung des Bundesumweltministerium vorgestellt.

Oehlmann hat die Wirkung von Triphenylzinn (TPT) auf die Fortpflanzungsorgane von Süßwasserschnecken untersucht. Die Zulassungssperre, die das BBA vorsorglich erlassen hat, gilt vorerst bis zum 15. Mai. Bis zu diesem Termin dürfen TPT-haltige Pflanzenschutzmittel weder verkauft noch exportiert werden.

TPT und die chemisch verwandte Verbindung Tributylzinn (TBT) waren zu Beginn des Jahres in Verruf gekommen, nachdem Schneckenweibchen mit Penissen und Flussbarsche mit riesigen Hoden gefunden wurden, die gleichzeitig hohe Organozinn-Werte aufwiesen. TBT wird vor allem in Schiffsfarben als Antifaulmittel eingesetzt, bei Untersuchungen wurde es aber auch in Sporttrikots gefunden. Bundesumweltminister Jürgen Trittin hatte daraufhin ein Verbot aller organozinnhaltiger Verbindungen in Textilien und Pflanzenschutzmitteln gefordert. Auch das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz hatte sich dieser Forderung angeschlossen.

Das Umweltbundesamt (UBA) wendet sich seit längerem gegen die Verwendung TPT-haltiger Pflanzenschutzmittel. Man habe vor allem Bedenken bei der Aufnahme solcher Mittel auf die Positivliste der EU, sagte Fachbereichsleiter Andreas Gies vom UBA. Pflanzenschutzmittel, die auf dieser Liste stehen, sollen keine Auswirkungen auf die Umwelt haben.

In der Diskussion ist besonders das vom Chemiemulti Aventis („Ideen für die Landwirtschaft“) vertriebene „Brestan flüssig“. Für die Bauern hat die Zulassungssperre zur Zeit keine Folgen, da das Mittel erst im Herbst als Abschlussspritzung angewandt wird.

Bei Aventis ist man trotzdem nicht glücklich; man bedaure die „überraschende Entscheidung“ des UBA, hieß es in einer Pressemitteilung. Vor allem sorgt man sich um die anvisierte Aufnahme des Mittels in die Positivliste der EU: „Auch unter europarechtlichen Gesichtspunkten wäre ein vorzeitiger deutscher Alleingang zu bedauern.“