Hermes bürgt für Auslandsjobs

Eigentlich sollen staatliche Hermesbürgschaften die heimische Industrie fördern, doch längst beantragen die Konzerne Gelder für Produkte, die im Ausland gefertigt werden, klagen Kritiker

von MAIKE RADEMAKER

Die umstrittene staatliche Exportversicherung Hermes gerät erneut in die Kritik. Seit Jahren verteidigen die Firma Siemens und das Bundeswirtschaftsministerium einen millionenschweren Versicherungsantrag für ein umstrittenes Staudammprojekt mit dem Argument, dadurch würden deutsche Arbeitsplätze gesichert. Versichert werden sollen Lieferungen für den indischen Staudamm Maheshwar. Jetzt deckte die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald auf, dass wesentliche Teile der Lieferung in Russland hergestellt wurden. Das sei, sagt Urgewald-Geschäftsführerein Heffa Schücking, eine klare Verletzung der Hermes-Richtlinie, die nur einen begrenzten Anteil an ausländischer Fertigung erlaube. Sie forderte eine Rücknahme der Grundsatzzusage für den Antrag.

Bürgschaften für Lieferungen können Firmen bei der staatlichen Hermes-Versicherung beantragen, wenn ein hohes politisches oder wirtschaftliches Risiko besteht, dass die Lieferung nicht bezahlt wird. Zunächst wird eine Grundsatzzusage bewilligt, damit die Firmen Details weiter verhandeln können. Wird die Lieferung letzlich nicht bezahlt, springt die Bundesregierung – das heißt der Steuerzahler – ein, bezahlt die Rechnung und lastet den Betrag dem Empfängerland als Schulden an. Wirtschaftsminister Müller rechtfertigte die massive Unterstützung der Firmen im Dezember damit, dass durch Hermes „400.000 Arbeitsplätze gesichert würden“. Der geplante Bau des Maheshwar-Staudamms und damit der Exportförderantrag von Siemens sind umstritten, da die 40.000 Menschen, die für das Projekt umgesiedelt werden müssen, völlig unzureichend entschädigt werden. Trotzdem hat Siemens vom Interministeriellen Ausschuss (IMA) der Regierung eine Grundsatzzusage bekommen.

Die Turbinen für den Maheshwar-Staudamm würden bei einer Bewilligung von zwei Firmen in Russland gefertigt. Siemens-Sprecher Wolfgang Breyer bestätigte dies der taz und fügte hinzu, dass Siemens grundsätzlich alle großen Generatoren und Transformatoren im Ausland fertigen lassen würde – denn diese könnten nicht in Deutschland gebaut werden. „Der im Ausland gefertigte Teil dieser Lieferung liegt bei rund zehn Prozent“, sagte Siemens-Sprecher Breyer. „Siemens wäre ohne die Hinzuziehung ausländischer Fertigung gar nicht wettbewerbsfähig.“

Nach Schätzungen von Urgewald liegt aber der Anteil der Auslandsfertigung an dieser Lieferung bei 46 Prozent. Erlaubt sind bei Hermes in der Regel zehn Prozent ausländischer Anteil. Doch in der Regel werden die Angaben der Firmen dazu nicht kontrolliert. Auch die Siemens-Turbinen für den Megastaudamm Drei-Schluchten in China, Lieferung mit Hermesbürgschaft, wurden nicht in Deutschland hergestellt.

Nun ist es aber der offizielle Zweck der Hermes-Versicherung, Jobs in Deutschland zu fördern. Dass dies so oft nicht klappt, ruft nun die grüne Bundestagsfraktion auf den Plan, die sich auch an der mangelnden ökologischen Prüfung der Bürgschaften stößt.Sie will nun eine Reform anstoßen. Dazu gehöre mehr Transparenz sowie ökologische und soziale Richtlinien. Man brauche endlich für Hermes auch eine öffentlich zu machende Wirtschaftsprüfung, hieß es aus Kreisen der Grünen-Fraktion.

Mit der Reform müssen sich die Grünen allerdings etwas beeilen, wenn weiterhin gelten soll, dass ein Ausstieg aus der Kernenergie hier nicht mit einer Förderung von AKWs im Ausland vereinbar ist. Seit Dezember kursiert bei den Abgeordneten eine interne Liste der Bundesregierung mit äußerst umstrittenen Projekten, für die es Interesse an Bürgschaften gibt. Dazu gehören allein 13 AKWs in Lateinamerika, Osteuropa und Asien.