Kommentar
: Schäuble wird nicht mehr Kandidat ■ Der falsche Mann geht zur richtigen Zeit

Die Christdemokraten können erleichtert sein, denn die Entscheidung war längst überfällig: Wolfgang Schäuble wird bei den anstehenden Wahlen zum CDU-Parteivorsitz und der Führung der Unionsfraktion nicht mehr antreten. Jetzt wäre der Weg frei für einen Neuanfang. Dabei ist immer noch nicht klar, ob die Partei einen echten Neubeginn wagt. Ob sie sich wirklich voll und ganz vom autokratischen System ihres Übervaters Kohl befreit und sich demokratische und transparente Strukturen verpasst. Schäuble war Teil des Systems Kohl. Niemand nahm ihm ab, dass er von den schwarzen Kassen seines Vorgängers nichts ahnte. Schäuble war der Ehrgeiz in Person. Er wollte unbedingt Kanzlerkandidat und Kanzler werden. Das ist nun vorbei.

Ein Glück für die CDU, der so die peinliche Diskussion erspart bleibt, ob Schäuble wirklich der richtige Mann für diesen Job wäre. Er wäre es nicht – ganz unabhängig von seiner Verstrickung in den Spendenskandal. Das wurde schon durch sein erbärmliches Krisenmanagement in den vergangenen Wochen deutlich: vertuschen und verschweigen und nur das zugeben, was schon bekannt ist. Schäuble wird sich nun als Opfer dunkler Machenschaften zu stilisieren versuchen. Selbst wenn es stimmt, dass ihn Kohl mit in den Abgrund gerissen hat: Hauptsache, er macht den Weg frei für fähige und unbelastete KandidatInnen.

Davon hat die CDU allerdings nicht viele. Zwischen all den feigen, lavierenden und zum Teil durch ihre frühere Nähe zum System Kohl ins Zwielicht geratenen Aspiranten auf den Parteivorsitz gibt es eigentlich nur eine Hoffnungsträgerin: Angela Merkel. Doch die mutige Frau aus dem Osten hat vermutlich nicht genügend Rückhalt in der Partei. Und CSU-Chef Edmund Stoiber hat bereits angedeutet, er werde seinen ganzen Einfluss geltend machen, um Merkels Kandidatur zu verhindern. Also wird es wohl auf einen Verlegenheitskandidaten Volker Rühe oder Jürgen Rüttgers hinauslaufen. Beide sind, als es noch gefährlich war, nicht durch mutige Kritik an Helmut Kohl aufgefallen.

Anders übrigens als Friedrich Merz, der jetzt als neuer Unionsfraktionsvorsitzender im Gespräch ist. Der stockkonservative Finanzexperte traute sich immerhin, dem Alten Paroli zu bieten. Doch Frechheit allein ist für einen Neuanfang auch zu wenig. Tina Stadlmayer