Simbabwes Machthaber liebt die Macht

Mit Chaosreferendum und Notstandsdrohungen will Präsident Mugabe eine maßgeschneiderte neue Verfassung durchboxen

Johannesburg (taz) – Vor dem Volksentscheid über die erste neue Verfassung für Simbabwe seit der Unabhängigkeit 1980 ist die Stimmung höchst angespannt. Innenminister Dumiso Dabengwa hat angekündigt, hart gegen jeden Protest vorzugehen und dafür auch drakonische Notstandsgesetze anzuwenden. Schon in den vergangenen Tagen kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der seit der Unabhängigkeit herrschenden Regierungspartei Zanu-Pf und Gegnern des Verfassungsentwurfs. Ein breites Bündnis aus Menschenrechtsgruppen, Kirchen und dem mächtigen Gewerkschaftsverband lehnt das 110-seitige Papier ab und fordert die Bevölkerung auf, mit Nein zu stimmen. Gleichzeitig machen die überwiegend unter staatlicher Kontrolle stehenden Medien für ein Ja mobil.

Vollkommen ungeklärt war selbst am Tag vor dem Referendum noch das genaue Procedere. Erst am Donnerstag gab die Regierung von Präsident Robert Mugabe überhaupt die Wahllokale bekannt, in denen die Abstimmung erfolgen soll. Wie die genaue Fragestellung des Referendums lautet, war indessen selbst gestern noch nicht bekannt. Offen ist auch, welche Beteiligung als ausreichend angesehen wird und welche Mehrheit erforderlich ist. Ebenso unklar ist, was passiert, falls der Entwurf durchfallen sollte.

Mugabe aber ist wild entschlossen, das Referendum durchzuführen – kurz vor den nächsten Parlamentswahlen, die spätestens im April stattfinden müssen. „Das ist der größte Test in der Geschichte des Landes“, glaubt der Mugabe-Kritiker Welshman Ncube. Auch der populäre Gewerkschaftsboss Morgan Tsvangirai, dessen neu gegründete „Bewegung für einen demokratischen Wandel“ (MDC) die erste ernsthafte Herausforderung für Mugabe seit der Unabhängigkeit darstellt, gehört zu den Kritikern der neuen Verfassung. „Wenn wir Mugabe mit diesem Entwurf durchkommen lassen, stellen wir ihm einen Blankoscheck aus“, sagte er in dieser Woche.

Zwar bedeutet der neue Verfassungsentwurf im Vergleich zu der noch aus der britischen Kolonialzeit stammenden geltenden Verfassung einen gewissen Fortschritt. Doch die starke Stellung des Präsidenten bleibt fast unangetastet. Obwohl es künftig auch einen Ministerpräsidenten geben soll, bleibt Mugabe Herr der Streitkräfte, ernennt und entlässt die Minister und hat bei allen wichtigen Entscheidungen das letzte Wort. Zwar wird die Amtszeit des Präsidenten erstmals auf zwei Legislaturperioden beschränkt. Allerdings soll die Verfassung nicht rückwirkend gelten – das heißt, dass der bereits 75-jährige Mugabe noch zweimal als Präsident antreten kann.

„Der Entwurf ist unbrauchbar und in Teilen sogar gefährlich“, warnt der katholische Bischof Patrick Matume. Mugabes Kritiker sind jedoch nicht nur mit dem Inhalt der neuen Verfassung nicht einverstanden, sondern auch mit ihrer Entstehungsgeschichte. Vor zwei Jahren hatten Kirchen, Menschenrechtsgruppen und der Gewerkschaftsverband eine unabhängige Nationale Verfassungsgebende Versammlung (NCA) gebildet, die eine neue demokratische Verfassung erarbeiten wollte. Mugabe aber erkannte rasch, dass ihm diese Bewegung gefährlich würde, und ernannte im Mai 1999 eine eigene Kommission, die überwiegend aus Linientreuen bestand.

Deren 400 Mitglieder führten zwar eine Volksbefragung durch, deren Ergebnis in den Entwurf eingearbeitet werden sollte. An den nachfolgenden Versammlungen nahmen schätzungsweise eine Million Menschen teil. Aber ihre Wünsche fanden keinen Niederschlag: Obwohl eine Mehrzahl der Befragten dafür war, die Rechte des Präsidenten zu beschneiden, wurde dies von der Kommission nicht berücksichtigt.

Bei der Verabschiedung des Entwurfs im November durch die Mugabe-Kommission kam es endgültig zum Eklat. Obwohl selbst in der Kommission heftiger Widerspruch zu einzelnen Passagen laut wurde, erklärte deren Präsident Godfrey Chidyauski sie unter Tumulten per Akklamation für angenommen. Kordula Doerfler