Schneller, besser, farbiger

Die Internationale Frauenuni während der Expo versteht sich als Eliteförderung. Zuspruch kommt vor allem aus der 3. Welt

Berlin (taz) – „Amazonen sind auch auf geistigem Gebiete naturwidrig“, schrieb Max Planck vor über hundert Jahren. „Das Schrecklichste aller Schrecken ist die Wissenschaftlichkeit der Weiber“, befand ungefähr zur gleichen Zeit Georg Lasson. Der Philosoph würde sich wahrscheinlich schreiend im Sand der norddeutschen Tiefebene wälzen, wenn er die Internationale Frauenuniversität (ifu) erleben müsste, die im Sommer während der Expo in Hannover steigen soll. Dass die Teilnehmerinnen dank weltweiter Ausschreibung zu einem gut Teil auch noch farbig sind und zu 58 Prozent aus der so genannten Dritten Welt kommen, vor allem aus Asien und Afrika, würde Lasson wohl den Rest geben.

ifu-Präsidentin Ayla Neusel verhehlte bei einer Projektvorstellung am Dienstagabend in Berlin nicht ihren Stolz auf dieses „einmalige Projekt“. „100 Tage für 100 Jahre“, so das Motto der ifu. Vom 15. Juli bis zum 15. Oktober, also rund 100 Tage lang, werden 1.000 Wissenschaftlerinnen Projekte aus insgesamt sechs Themenbereichen bearbeiten und damit ein Pensum bewältigen, das, so der selbstbewusste Anspruch, für 100 Jahre reichen würde: Arbeit, Information, Körper, Migration, Stadt, Wasser. Das Programm setzt sich aus Vorträgen, Workshops und öffentlichen „Open Space“-Diskussionen zusammen. Kooperationspartner sind die Hochschulen in Hannover, Hamburg, Bremen, Kassel, Suderburg und Clausthal, deswegen werden auch nicht alle Veranstaltungen in Hannover stattfinden.

Dass sich in der „Dritten Welt“ und Osteuropa mehr Frauen für die ifu-Idee begeisterten als in den Industrienationen, liegt sicher auch an ihrer inhaltlichen Ausgestaltung. Alle sechs Themenbereiche weisen neben dem „Gender“-Aspekt einen starken entwicklungspolitischen Akzent auf. Astrid Albrecht-Heide, Berliner Friedensforscherin und ifu-Dekanin für Migration, konnte nur andeuten, was ihr Thema alles beinhaltet: Debatten über „Nationalismen, Rassismen und Ethnisierung“, über „Gleichheit, Differenz und transnationale Demokratie“, über Vergewaltigung in Kriegen und andere „frauenspezifische Fluchtgründe“, die bekanntlich von den meisten Regierungen nicht als Asylgrund anerkannt werden.

Noch vor „Migration“ und „Körper“ aber stand der Themenbereich „Information“ ganz oben auf der Prioritätenliste der Bewerberinnen. Kein Wunder, ist doch der limitierte Zugang zu Internet & Co eines der existenziellsten Probleme von Wissenschaftlerinnen in armen Ländern. Die Initiatorinnen hoffen deshalb auch, die Frauenuni nach getaner Arbeit als virtuelle ifu, als „vifu“ weiterführen zu können. Den Basis-Server dafür stellt schon jetzt die Berliner Humboldt-Uni zur Verfügung. vifu-Betreuerin Heidi Schelhowe möchte Globalisierung mit Lokalisierung verbinden, denn „unter Globalisierung wird derzeit häufig nur die Dominanz des weißen amerikanischen Mittelschichtsmannes verstanden“.

Doch all diese hochfliegenden Pläne fanden nicht nur Zustimmung. Die Expo sei „entwicklungsfeindlich, umweltfeindlich, frauenfeindlich“, schimpfte eine Zuhörerin. „Wir sind nicht die Expo“, konterte Ayla Neusel. Allerdings habe es schon bei den ersten Weltausstellungen 1876 in Philadelphia einen Frauenpavillon und 1893 in Chicago einen Frauenkongress mit 15.000 Teilnahmerinnen gegeben, an diese Tradition wolle sie anknüpfen. Die Bewerbungskriterien der ifu – abgeschlossenes Hochschulstudium und gute Englischkenntnis – seien „sehr elitär“, kritisierte die Zuhörerin weiter. Frauenförderung sei nun mal auch Eliteförderung, erwiderte Neusel. Sie verstehe nicht, was an der Weiterqualifizierung kritischer Wissenschaftlerinnen verwerflich sein könnte. Aber Philosoph Lasson hätte es verstanden.Kontakt: www.int.frauenuni.de; und ab März: www.vifu.de

Ute Scheub