Ärger über die Deutsche Bank in Polen

Überraschender Coup bei BIG Bank Gdanski. Feindliche Übernahme nicht endgültig

Warschau (taz) – In Polen macht die Deutsche Bank Negativschlagzeilen. Der Versuch der feindlichen Übernahme der fünftgrößten Bank Polens „durch die Hintertür“, wie es Polens Finanzminister Emil Wasacz ausdrückte, verdrängte sogar die Regierungskrise von den Titelseiten. „BIG Bang, Bank übernommen?“, „Die Danziger für die Deutschen?“ lauteten die Schlagzeilen.

Die Deutsche Bank versucht seit April letzten Jahres strategischer Partner und Großaktionär der BIG Bank Gdanski mit Sitz in Warschau zu werden. Bislang hatte allerdings der Vorstand des polnischen Geldinstituts jede Beteiligung der Deutschen Bank abgelehnt, die mit einem größeren Einfluss auf die Geschäftstätigkeit verbunden wäre. Auch die Bankenaufsicht Polens hatte dem deutschen Branchenführer nur einen Stimmrechtsanteil von 25 Prozent bei den Aktionsärsversammlungen zugestanden.

Vor gut einer Woche aber hat die Deutsche Bank nicht nur ihren Stimmrechtsanteil in der Aktionärsversammlung auf 46,3 Prozent gesteigert, sondern mit Hilfe eines zweiten großen Aktionärs, der polnisch-staatlichen Versicherung PZU, einen neuen Vorstand gewählt. Dieser wiederum entließ den bisherigen Aufsichtsrat und bestellte einen neuen. In das neunköpfige Gremium zogen allein vier Vertreter der Deutschen Bank ein. Die Deutsche Bank verdrängte auch den Wirtschaftsberater Präsident Kwaśniewskis und ehemaligen Finanzminister, Marek Belka, aus dem Aufsichtrat.

Überrascht vom Übernahmecoup der Deutschen Bank reagierteder Aufsichtsrat der PZU – der größten Versicherung des Landes – prompt: Er entließ bereits am folgenden Tag seinen Vorsitzenden Wladyslaw Jamrozy sowie Grzegorz Wieczerzak. Die beiden PZU-Aufsichtsräte hätten die Interessen der PZU-Aktionäre missachtet und die Deutsche Bank bei der feindlichen Übernahme der BIG Bank Gdanksi durch Stimmenthaltung begünstigt, hieß es.

Die PZU ist auch direkt betroffen: Durch die Übernahme der fünftgrößten Bank Polens wird die Deutsche Bank automatisch Aktionär der PZU, da die BIG Bank 10 Prozent der PZU-Aktien hält. Noch ist der polnische Staat mit 70 Prozent Mehrheitsaktionär. Die Privatiserung der Versicherung ist aber bereits geplant. Durch die Übernahme der BIG Bank Gdanksi hätte die Deutsche Bank dann bereits bei der größten Versicherung Polens ihren Fuß in der Tür. Daher die große Aufregung bei den Politikern.

Regierungssprecher Krzysztof Luft begründete die Entlassung der PZU-Aufsichtsräte mit deren Verstoß „gegen die Interessen Polens“. Die Regierung habe vor der Aktionärsversammlung der BIG Bank Gdanski klare Anweisung gegeben, die Deutsche Bank bei ihren Übernahmeversuchen nicht zu unterstützen. Marek Belka, von der Deutschen Bank abgewähltes Mitglied des Aufsichtsrates der BIG Bank, kehrte vorzeitig aus Davos zurück, wo er gemeinsam mit Präsident Aleksander Kwaśniewski am Weltwirtschaftsforum teilnahm. Belka vermutet hinter dem Übernahmemanöver einen „möglichen Gesetzesbruch“. Er will auch prüfen lassen, ob die Unterstützer der Deutschen Bank finanzielle Zuwendungen für ihre Stimmen erhalten hatten. Auch die Präsidentin der Polnischen Notenbank, Hanna Gronkiewicz-Waltz, hält es für sinnvoll, die Entscheidungen auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen zu lassen.

Noch in Davos erklärte Rolf Breuer, der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, dass ihn die Reaktionen in Polen auf die geplante Übernahme der BIG Bank Gdanski nicht beunruhigten. „Wir drängen uns nicht auf, wenn wir nicht gewollt sind in Polen“, sagte er am Rande des Weltwirtschaftsforums. Ohnehin steht noch der zweite Teil der Aktionärsversammlung des Warschauer Bankhauses an. Am 11. Februar soll endgültig über die Übernahme entschieden werden.

Gabriele Lesser