„Ehrlicher“ Kriegsheld und Haudegen

Senator John McCaine gewinnt bei den Republikanern mit unpopulären Wahrheiten

Washington (taz) – Kerzengerade wie ein Soldat steht Senator John McCain aus Arizona vor seinem Publikum – Farmer, Handwerker, Geschäftsleute, Schüler, Veteranen, Hausfrauen. Er erzählt Geschichten und Witze und ist kaum in Verlegenheit zu bringen. Journalisten sind verzückt, für sein Publikum ist er eine Offenbarung: McCain sagt die Wahrheit, besonders, wenn sie unpopulär ist. In einer Stadt, die von einer überflüssig gewordenen Marinebasis lebt, tritt er für deren Schließung ein. Vor Farmern, die von Getreidesubventionen leben, erklärt er das Ethanolprogramm für Verschwendung.

Er ist angetreten, Washingtons „Eisernes Dreieck“ aus Parteispendern, Lobbyisten und Gesetzgebern zu zerschlagen. Steuersenkungen mögen populär sein, doch in Zeiten nie dagewesener Prosperität gibt es Wichtigeres, findet McCain: die Sicherung der Renten und Sanierung der Krankenkassen. Wer so redet, der wird sein Wort halten, denkt man.

McCain wurde 1936 in Panama geboren und ging als 17-Jähriger zur Marineakademie. Im Vietnamkrieg wurde er abgeschossen und ins berüchtigte „Hanoi Hilton“ gebracht – just als sein Vater Oberbefehlshaber der Pazifikflotte wurde. Die Nordvietnamesen boten ihm vorzeitige Entlassung an, was McCain mit Verweis auf die Haager Kriegsordnung ablehnte: Kriegsgefangene werden in der Reihenfolge ihrer Gefangennahme freigelassen. Fünf Jahre war McCain gefangen. Er gilt als Kriegsheld und ist ein Haudegen. Er war gegen die US-Intervention im Kosovo, doch einmal dort, sollten die USA siegen und Bodentruppen einsetzen.

Frei von Skandalen ist McCain nicht. Seine Offenheit gegenüber den Medien könnte sich als Masche erweisen. In den 80er-Jahren war er in einen Sparkassenskandal verwickelt, bei dem Investoren betrügerische Anleihen für Fantasieprojekte aufnahmen. Mit der Zeitung, die den Skandal untersuchte, redet McCain seitdem nicht mehr. Peter Tautfest