Trickreich mundtot gemacht?

■ Gesetzesbrecherische Plackerei – ohne Erfolg: Die Fruchtverpackungs GmbH hat Konkurs angemeldet / Packer aus aller Herren Länder auf der Straße / Aldi-Bananen bündeln jetzt andere

Die Bremer Fruchtverpackungs GmbH&Co. KG ist pleite. Die letzten von in Hochzeiten knapp 50 Fruchtverpackern auf dem Gelände des Bremer Großmarktes, die die Firma vergangenes Jahr noch beschäftigte, sollen jetzt von Bord gehen. „Leider ist es uns nicht gelungen, die wirtschaftliche Entwicklung unseres Unternehmens entscheidend zum Positiven zu wenden“, schreibt Geschäftsführerin Christel Gerdes. Auch hätten „in den letzten Monaten überproportionale krankheitsbedingte Fehlzeiten“ des Personals das Vertrauen des – einzigen – „Auftraggebers an die Zuverlässigkeit unseres Unternehmens erheblich erschüttert und gleichzeitig die Produktionskosten dergestalt erhöht, dass eine kostendeckende Arbeit nicht mehr möglich war.“ Erste – und wohl letzte – Lohnschecks der Ex-Beschäftigten sind bereits geplatzt.

Die betroffenen Packer, die unter teilweise gesetzesbrecherischen Bedingungen jahrelang Obst für Großkunden wie Aldi und Walmart eingetütet haben, sind über die neue Lage einigermaßen verzweifelt. Die meisten von ihnen sind Einwanderer nach Deutschland – viele aus Sri Lanka und afrikanischen Ländern. „Eine neue Arbeit zu finden wird sehr schwer“, fürchten sie. Schwerer vielleicht, als wie bisher manchmal 12 Stunden lang bis spät in die Nacht Bananen 18-Kilo-kartonweise in die hohen Öffnungen der Packmaschinen zu stemmen, dann kurz zu schlafen, und am nächsten Morgen um sechs Uhr – bisweilen unter Missachtung der Arbeitsschutzgesetze – wieder für die nächsten zwölf Stunden in der Verpackungshalle anzutreten. Wer das nicht tat, „brauchte nicht wieder zu kommen“, erinnern sie sich an Arbeitsbedingungen, die sie lange hingenommen haben.

Erst als die Arbeitgeber-Willkür überhand nahm, wandte sich die internationale Belegschaft an die Gewerkschaft hbv und gründete einen Betriebsrat. Heute sagen die gekündigten Gerdes-Packer: „Mit der Gewerkschaft hat sich vieles für uns verbessert.“ Erstmals wurden Nachtzuschläge auf den kargen Lohn gezahlt, das Urlaubsgeld besser abgerechnet – und wenn es doch Ärger gab, stand jemand hinter der Crew. Heiner Schilling, hbv.Gewerkschaftssekretär beispielsweise, der viele Arbeitsgerichtsprozesse in Gang brachte und im Rückblick von „verschiedenen Betrugsversuchen“ der Geschäftsführung spricht. Aber einen Sozialplan gab es für die Belegschaft trotzdem nicht – sie war sukzessive gekündigt worden. Die Männer sagen heute auch: „Für den Betrieb sind wir durch die Gewerkschaft teurer geworden.“ Möglicherweise sei auch der auf dem Großmarkt-Gelände hinlänglich bekannt gewordene ständige Ärger zwischen Beschäftigten und Firmenleitung vor dem Arbeitsgericht ein Grund, dass Gerdes jetzt eine seiner drei Firmen dicht mache. Die einzige, in der es einen Betriebsrat gibt.

Firmenchefin Christel Gerdes lehnte dazu gegenüber der taz kürzlich jeden Kommentar ab. Vor zwei Jahren, als die Belegschaft erstmals mit Arbeitsniederlegung drohte, weil verbindliche Arbeitszeitregelungen, die Zahlung von Nachtarbeitszuschlägen und anderes von der Firmenleitung verzögert wurde, hatte sie sich noch geäußert – und über schwierige Bedingungen in der Frische-Branche geklagt. Die Gerdes-Fruchtverpackung habe nur einen Auftraggeber und „die Holländer“ seien flexible Wettbewerber.

Die jetzt entlassenen Packer glauben deshalb auch, dass Gerdes mit seinem – einzigen – Auftraggeber, dem Fruchtimporteur Hameico, einer Tochter der Atlanta-Gruppe, einst schlechte Verträge ausgehandelt hat – als vor Jahren die Fruchtverpackung bei Hameico ausgegliedert wurde. Denn die Auftragslage sei nicht wirklich schlecht. In der selben Hameico-Halle, in der sie vergangene Woche noch für Gerdes Bananen packten, stehen schließlich heute – allerdings an einer neuen Maschine – andere Männer. Sie sollen direkt bei Hameico beschäftigt sein.

Manchen Gerdes-Gekündigten trifft das hart. Einer beispielsweise hatte vor 20 Jahren bei Hameico angefangen und war „nur auf Druck hin“ zu Gerdes gewechselt. „Hätte ich das nicht gemacht, hätte ich jetzt vielleicht noch Arbeit“, sagt er. Zwar habe sich der Markt stark verändert. Die Apfelsinen, Äpfel, Birnen aus Europa kommen bereits fertig verpackt. Nur Ware aus Übersee werde in großen Chargen geliefert und erst hier verpackt. „Aber Arbeit gibt es noch. Sonst hätte Hameico die neuen Leute nicht eingestellt.“ ede