Exilkubaner toben in Miami

■ Massenfestnahme nach Demonstration gegen die Entscheidung derUS-Einwanderungsbehörde, den sechsjährigen Elian nach Kuba zurückzuschicken

Miami/Havanna (dpa) – Mit massiven Protesten gegen die Rückführung des Flüchtlingsjungen Elian González aus den USA nach Kuba haben etwa 500 Exilkubaner die Innenstadt von Miami lahm gelegt. Sie besetzten Straßen, riefen Parolen gegen Bill Clinton und stoppten den Verkehr. Die Polizei nahm am Donnerstag 140 Demonstranten fest und löste die Proteste mit Tränengas auf, nachdem die Demonstranten versucht hatten, in den Hafen von Miami einzudringen. Die Proteste sollten gestern weiter gehen. Demonstranten kündigten an, weiterzumachen, „egal wie viel Gewalt die Polizei einsetzt“.

Interessenvertreter des Jungen in den USA bereiteten unterdessen gerichtliche Schritte vor. Nach Rundfunkberichten wollen sie vor einem Gericht des Staates Florida beantragen, den Rückführungsbeschluss der US-Einwanderungsbehörde INS aufzuheben. Außerdem wollten sie vor einem Bundesgericht eine einstweilige Verfügung gegen die bis zum 14. Januar angeordnete Übergabe des Jungen an seinen Vater erreichen. Justizministerin Janet Reno hatte zuvor die Aufforderung abgelehnt, den Beschluss rückgängig zu machen. Es gebe keine rechtliche Grundlage dafür, sagte die Ministerin. Zu den Beschwerdeführern gegen den Rückführungsbeschluss gehört der Gouverneur von Florida, der sagte, Kibas Präsident Fidel Castro habe die Geschichte benutzt, „um seine politische Tyrannei zu fördern“.

In Kuba gehen unterdessen die Massenkundgebungen für eine Rückkehr von Elian ungeachtet der in den USA erfolgten Entscheidung weiter. Am dritten Tag in Folge tagte im Kongresspalast in Havanna am Donnerstag die so genannte „offene Tribüne“, eine Veranstaltung der kommunistischen Massenorganisationen, an der auch Staatschef Fidel Castro teilnahm. Zwischen Musikeinlagen warnten die Redner, die größte Gefahr für den Sechsjährigen bestehe darin, dass er in den USA seine „nationale Identität“ verlieren könne. Das Staatsfernsehen zeigte Bilder von den Ausschreitungen in Miami, um den Bürgern klar zu machen, dass die Schlacht um Elian noch nicht gewonnen sei. Ein Kommentator bezeichnete die demonstrierenden Exilkubaner als „Kriminelle“ und „Mafiosi“.

Der Junge gehörte zu einer Gruppe von Flüchtlingen, die am 25. November vor der US-Küste Schiffbruch erlitten. Nur drei hatten überlebt, darunter der Junge, der sich seitdem bei den Angehörigen in Miami aufhält. Seine Mutter war ertrunken. Sie gilt unter Exilkubanern als Märtyrerin des Widerstandes gegen die Regierung Fidel Castros. Der leibliche Vater war auf Kuba geblieben.