Optimismus in Montenegro und Bosnien-Herzegowina

Die Menschen jenseits der kroatischen Grenzen setzen auf die neue Regierung

Zagreb (taz) – Die ersten Stimmen aus Bosnien nach der Wahl sind optimistisch. In einem Interview mit der Spliter Zeitung Feral Tribune gibt der Führer der muslimsichen Nationalpartei SDA, Alija Izetbegović, seiner Hoffnung Ausdruck, die Beziehungen zwischen beiden Ländern könnten sich verbessern. Klarer und deutlicher sagen dies bosnische Kroaten, die in Opposition zu den Nationalisten aus West-Mostar stehen: Die liberalen Politiker Stjepan Klujić und Ivo Komsić und der Schriftsteller Miljenko Jergović fordern nach dem Wahlsieg der kroatischen Opposition von Zagreb, ein Zeichen zu setzen. Die Herrschaft der nationalistischen Extremisten über die Kroaten in Bosnien müsse gebrochen werden.

Schon vor den Wahlen hatten die kroatischen Oppositionsführer erkennen lassen, dass sich die Bosnien-Politik ihres Landes mit einem Machtwechsel verändern würde. Sie stellten sich voll hinter das Abkommen von Dayton. Dies hat die bisherige Regierung auch getan, doch umgesetzt hat sie es nicht. Bis heute haben die Extremisten in West-Mostar alle Beschlüsse blockiert, gemeinsame Grenzkontrollen mit der Regierung in Sarajevo durchzuführen. Die kroatisch-bosniakische Föderation in Bosnien-Herzegowina existiert hier, wie in vielen anderen Dingen, nur auf dem Papier.

Es geht dabei auch um das Geschäft, und viele der Kroaten der Westherzegowina mit der Hauptstadt West-Mostar haben sich in ihrem Territorium eingerichtet. Mit den Steuerprivilegien, die sie mit ihrem Status in Bosnien-Herzegowina genießen, sind sie geschäftlich im Vorteil. Sie verkaufen Waren an Kroaten aus Kroatien und Bosniaken aus Zentralbosnien gleichermaßen. In dem von den Extremisten kontrollierten Städten Naum und Vitez wird in den Supermärkten und Verkaufshallen von elektronischen Geräten bis Baumaterialien vieles nahezu steuerfrei angeboten.

Die Geschäftsleute im Nachbarland Kroatien, vor allem in Dalmatien, haben unter diesen Praktiken gelitten. Dass Westherzegowiner zudem in Zagreb und anderen Städten politischen und ökonomischen Einfluss erkaufen konnten, hat nicht zuletzt zum Wahlsieg der Opposition beigetragen. Unter der Vermittlung der internationalen Gemeinschaft, prophezeit Ivica Račan, der künftige kroatische Premier, würden die Spannungen in Bosnien-Herzegowina in Zukunft vermindert werden. Die westherzegowinische Elite wird umdenken müssen.

Auch in Bezug auf Montenegro werden die Weichen neu gestellt. Schon der jetzige Außenminister Mate Granić hat an der Grenze zwischen Montenegro und Dubrovnik visafreien Verkehr mit der Regierung in Podgorica vereinbart. Seither rollen nicht nur Hilfsgüter nach Kosovo über diese Grenze. Die Menschen auf beiden Seiten des Zauns nehmen die Möglichkeit des kleinen Grenzverkehrs wahr. Montenegriner gehören wieder zum Stadtbild in Dubrovnik, viele nutzen den Flughafen der Stadt. Auch die wirtschaftlichen Beziehungen beginnen sich zu entwickeln. Im Rahmen der gesamteuropäischen Politik, des Stabilitätspaktes, hoffen alle Seiten darauf das diese Entwicklung weitergeht. Am 16. Januar werden sich die Diplomaten des Stabilitätspaktes in Dubrovnik treffen.Erich Rathfelder