Kohl kann Aussage verweigern

Für den parlamentarischen Untersuchungsausschuss wird die Arbeit durch das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft schwieriger ■ Aus Berlin Karin Nink

Seit klar ist, dass die Bonner Staatsanwaltschaft gegen Altkanzler Helmut Kohl wegen des Verdachts der Untreue ermitteln wird, hat der CDU-Spendenskandal nun auch eine strafrechtliche Dimension bekommen. Bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft geht es darum, ob Helmut Kohl über das Vermögen der CDU missbräuchlich verfügt hat und der Partei damit Schaden entstanden ist. Der CDU drohen durch die illegalen Spenden Rückzahlungen von mehr als zehn Millionen Mark. Umso mehr erstaunt die Äußerung von CDU-Chef Wolfgang Schäuble, der schon jetzt davon ausgeht, „dass sich strafrechtlich relevante Vorwürfe gegen Kohl nicht ergeben“.

Kohl selbst wird die Aufnahme des Ermittlungsverfahrens nicht weiter erschüttern, schließlich hat der Ehrenvorsitzende der CDU in den 80er-Jahren schon zwei Ermittlungsverfahren überstanden. Sein ausgeprägtes Ego wird ihn auch diesmal davon überzeugen, dass er sich schon aus der Affäre wird herauswinden können.

Für den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur CDU-Spendenaffäre wird die Arbeit durch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Kohl allerdings erschwert. Der Ausschuss soll klären, ob in der Regierungszeit von Helmut Kohl Spenden dazu geeignet waren, „politische Entscheidungsprozesse zu beeinflussen“. Konkret geht es dabei bis jetzt um Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien 1991, Flugzeug- und Hubschraubergeschäfte nach Kanada und Thailand in der zweiten Hälfte der 80er-Jahre sowie um den Verkauf der Leuna-Raffinerie an den französischen Mineralölkonzern Elf Aquitaine. Möglicherweise spielt auch eine millionenschwere Spende an die CDU im Zusammenhang mit dem Verkauf von 31.000 Eisenbahnerwohnungen im vorigen Jahr eine Rolle.

Zur Klärung der Fälle soll Kohl als Zeuge gehört werden. Doch so lange gegen den Kanzler der Einheit ein strafrechtlich relevantes Verfahren läuft, kann er im Untersuchungsausschuss von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen. In diesem Fall wären auch Mittel wie Ordnungsgeld und Beugehaft, mit denen der Ausschuss einen Zeugen zur Aussage zwingen kann, hinfällig.

Die Bonner Staatsanwaltschaft stützt sich bei ihren bisherigen Prüfungen vor allem auf die Aussagen von Kohl im ZDF, auf seine Presseerklärung vom 30. November 1999 und auf Unterlagen der Staatsanwaltschaft Augsburg, die mit ihren Ermittlungen gegen den Ex-Schatzmeister der CDU Licht in die Spendenaffäre gebracht hat. Aussagen von CDU-Generalsekretärin Merkel, die Kohl in einem Zeitungsartikel vorgeworfen hat, der Partei Schaden zugefügt zu haben, gelten nicht als Grundlage.

Die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft können sich aber nur auf die Zeit bis 1995 beziehen. Alles, was davor stattgefunden hat, ist verjährt. Für den Untersuchungsausschuss gilt das nicht. Politisch brisante Fragen wie die, ob eine Regierung käuflich war, kennen keine Verjährungsfrist.