Wenn was schief geht, trifft es die Armen

In den meisten Entwicklungsländern ist die Gefahr von Computerfehlern größer. Die Folgen wären dramatischer

Für die meisten Menschen in den Entwicklungsländern wird der erste Januar genauso beginnen wie bei uns: mit einem großen Rausch. Aber während hier kurz nach Mitternacht die ersten Auswirkungen des Jahr-2000-Fehlers bekannt werden dürften, bleiben die Feiern dort wohl zunächst ungestört.

Das Licht kommt weiter aus der Petroleumlampe, das Wasser aus der Pumpe. Auch wo es Strom gibt, wird ein Ausfall wenig Probleme machen, die meisten sind daran gewöhnt. Sie haben Generatoren. Dass der Jahreswechsel nicht reibungslos vonstatten gegangen ist, werden die Bauern also erst merken, wenn die Wagen mit dem Saatgut nicht kommen, weil computergesteuerte Verteilungssysteme und Telefone ausgefallen sind. Aber dann dauert es womöglich Wochen, bis das Problem behoben ist.

„Der Computerfehler bedroht praktisch die gesamte Agrarproduktion“, sagt ein Sprecher der Welternährungsorganisation FAO. In den Entwicklungsländern sind die Auswirkungen von Störungen oft einschneidender als in den Industrieländern. Denn die wenigen Computer sind meist völlig veraltet, viele arbeiten zudem mit Raubkopien.

Und wenn etwas schief geht, trifft das die armen Menschen härter: Wenn keine Löhne und Renten ausgezahlt werden, kann das nackte Überleben in Frage gestellt sein. Zudem gibt es weder genug Experten noch Geld, um sie zu bezahlen. Allein die USA werden laut Weltbank womöglich 275.000 Programmierer brauchen, da bleiben wenige für arme Länder.

Die internationalen Banken und der Währungsfonds haben den Ländern zur Vorbereitung Kredite angeboten und Seminare veranstaltet. 1.500 Ministerialbeamte und Manager haben daran teilgenommen, 65 Zuschüsse wurden bewilligt. Die meisten Regierungen behaupten nun steif und fest, sie seien Jahr-2000-sicher. Das sieht die Weltbank anders, deshalb hat Präsident James Wolfensohn den Regierungen geraten, „möglichst bald Notfallpläne für die unvermeidlichen Störungen vorzubereiten“.

De Menschen sind lieber vorsichtig: In Malaysia wurden bisher 92 Flüge wegen mangelnder Nachfrage gestrichen. In Papua-Neuguinea wird der Strom auf jeden Fall ausfallen: „Wir sind pleite“, erklärte die staatliche Elektrizitätsbehörde der Regierung. „Und ohne Geld können wir das Jahr-2000-Problem nicht beheben.“ Maike Rademaker