BND vermittelt in Beirut

Israel lässt fünf Mitglieder der Hisbullah frei. Sie fliegen über Frankfurt nach Hause

Berlin (taz) – Bernd Schmidbauer dürfte sich grämen. Nun ernten andere, was Helmut Kohls Geheimdienstkoordinator einst säte. Gestern nacht trafen an Bord eines Flugzeugs der Lufhansa fünf Mitglieder der libanesischen Schiitenmiliz Hisbullah in Beirut ein. Sie kamen über den Umweg Frankfurt am Main aus einem israelischen Gefängnis. Vermittelt hat die Freilassung höchst wahrscheinlich der Bundesnachrichtendienst (BND). Aus dem Bundespresseamt hieß es gestern nur, „es habe Vermittlungen aus dem Bereich des Bundeskanzleramtes“ gegeben.

„Wie schon einmal in der Vergangenheit haben die Deutschen auch diesmal dabei geholfen, die Freilassung der fünf Gefangenen sicherzustellen“, bedankte sich der stellvertretende Generalsekretär der Hisbullah, Scheich Naim Kassem, gestern bei der Bundesregierung. Den Kontakt zu der auf Inititiative Irans gegründeten Miliz hatte einst Kanzleramtsminister Schmidbauer (CDU) aufgebaut. Zu Gute kamen ihm dabei die von der Bundesregierung auch nach der Islamischen Revolution gepflegten Kontakte nach Teheran. 1996 jettete der gelernte Studiendirektor in den Libanon und liess sich als Vermittler zwischen Teheran, Beirut und Jerusalem feiern. Die Israelis übergaben den Libanesen 45 lebende und 123 tote Hisbullahis und erhielten dafür die Leichen zweier 1982 im Süden Libanons gefallener israelischer Soldaten. Der ganz große Triumph Schmidbauers blieb jedoch aus: die Freilassung von Ron Arad. Der 1986 über dem Südlibanon abgeschossene israelische Pilot soll im Libanon oder im Iran festgehalten werden.

Auch diesmal dürfte die Freilassung der Libanesen im Zusammenhang mit Arad stehen. Zwar hieß es von der israelischen Regierung nur, der Schritt sei „einer Bewertung der neuen Situation im Land“ geschuldet. Doch hinter den Kulissen wird gemunkelt, man habe im Gegenzug neue Informationen über den Verbleib des Piloten erhalten. Dass Arad den Abschuss seiner F-4 überlebt hat, gilt als gesichert. Mustafa Dirani, ein 1994 von den Israelis im Libanon gefangener Kommandeur der mit der Hisbullah konkurrierenden schiitischen Amal-Miliz, beichtete, seine Truppe habe Arad gefangen genommen, jedoch gegen 300.000 US-Dollar an die Hisbullah und deren iranische Freunde verkauft. Schmidbauer organisierte indirekte israelisch-iranische Verhandlungen in Bonn. Dabei sollen die Israelis ein Video mit Aufnahmen Arads bekommen haben. Ein ähnliches Video tauchte vor einem Jahr bei einem britischen Geschäftsehepaar mit guten Beziehungen nach Teheran auf.

Um Arad bemühte sich auch die DDR. Akten der Gauck-Behörde belegen, dass sich der Ostberliner Anwalt Wolfgang Vogel 1989 in Syrien für ihn einsetzte. Dafür spekulierte die DDR-Führung auf die Freilassung zweier in Israel inhaftierter KGB-Agenten.

Für die Freilassung Arads halten die Israelis noch mindestens 14 Trumpfkarten in Form festgehaltener Libanesen in den Händen, darunter den 1989 verschleppten Hisbullah-Führer Scheich Abdul-Karim Ubeid. Thomas Dreger