G 7 will internationale Reformen durchsetzen

■ Gegengipfel fordert demokratischere Organisationen statt der G 7

Berlin (taz) – Ziemlich weit oben auf der Tagesordnung des gestern abend beginnenden Weltwirtschaftsgipfels steht eine Reform der internationalen Organisationen, vor allem von IWF und UNO. Zunächst will die G 7 die Bereiche, wo internationale Zusammenarbeit Sinn macht, benennen und dann die Institutionen, die diese Aufgaben übernehmen sollen, straffen.

Im günstigsten Fall, also wenn sich alle sieben einig werden, wird der diesjährige Gipfel einen Startschuß für einen Reformprozeß geben. Langwierig wird dieser Prozeß allemal, denn die G 7 muß sich damit abfinden, längst nicht mehr allein in der Welt das Sagen zu haben. Die klassischen Entwicklungsländer China und Indien, aber auch Brasilien, Rußland, Mexiko und Indonesion haben mit ihrem Bruttosozialprodukt längst die meisten G-7-Mitgliedsstaaten eingeholt und teilweise überholt. Die sieben Mächtigen haben es nie für nötig gehalten, ihre Macht zu institutionalisieren oder sich auch nur mit anderen Ländern zu konsultieren. Das rächt sich.

Wahrscheinlich werden sich die Gipfelteilnehmer sowieso nicht einig. Die Bundesregierung findet zum Beispiel, anders als die meisten G-7-Regierungen, daß der IWF nicht automatisch bei Finanzkrisen mit zusätzlichen Geldern einspringen soll. Dabei hatte sich der IWF bei der mexikanischen Finanzkrise Anfang dieses Jahres, die zu finanziellen Turbulenzen rund um die Welt führte, bis auf die Knochen blamiert.

Auf dem Gegengipfel in Halifax glaubt ohnehin niemand, daß die G 7 die anstehenden Probleme lösen kann. „Die G 7 sollten entweder ihre Führungsansprüche ernst nehmen oder einem umfassenderen Gipfel Platz machen“, forderte der deutsche Mitorganisator des Gegengipfels Jakob von Uexküll. „Das andauernde Arbeitslosenproblem, die wachsende Lücke zwischen Armen und Reichen, der Krieg in Bosnien und der Zusammenbruch der Umwelt sind Symptome des Fehlschlags der gegenwärtigen Weltordnung.“

Zahlreiche Kritiker fordern ohnehin, daß künftig eine demokratischere Organisation, die nicht die meisten Länder dieser Erde ausschließt, die wirtschaftlichen Geschicke der Welt lenken soll. Die meisten Vorschläge zielen in Richtung Stärkung der UNO. Analog zum Weltsicherheitsrat könnte ein Wirtschaftssicherheitsrat eingerichtet werden. Der bestehende Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) solle seine Verantwortung endlich ausfüllen, fordert etwa das South Centre, ein Think Tank der Entwicklungsländer. Nicola Liebert